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Die Geschichte hinter dem Foto: Mahatma Gandhi am Spinnrad

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Von: Jakob Maurer

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Margaret Bourke-White schoss das ikonische Foto des indischen Freiheitskämpfers Mahatma Gandhi am Spinnrad.
Margaret Bourke-White schoss das ikonische Foto des indischen Freiheitskämpfers Mahatma Gandhi am Spinnrad. © akg-images / GandhiServe e.K. / epd

Vor 75 Jahren reist die US-Fotografin Margaret Bourke-White durch Britisch-Indien, als dort über die Unabhängigkeit gestritten wird. Dabei nimmt sie das ikonische Foto von Mahatma Gandhi am Spinnrad auf

Ein Jahr bevor Indien unabhängig von der britischen Kolonialherrschaft wird, streiten die Machthabenden über das Wie: Soll ein vereintes Land folgen oder zwei Staaten, ein mehrheitlich hinduistischer und ein muslimischer?

Margaret Bourke-White erhält 1946 vom Fotomagazin „Life Magazine“ den Auftrag, die führenden Köpfe in diesem Prozess abzulichten. Zuvor war sie im Zweiten Weltkrieg als erste US-Kriegsfotografin im Einsatz gewesen. Im Frühjahr vor 75 Jahren reist sie nach Indien.

Bereits am 27. Mai erscheint ihre Fotoreportage „India’s Leaders“ (deutsch: Indiens Anführer). „Während die Unabhängigkeit näher rückt, schaffen sie es nicht, sich darüber einig zu werden, wie sie die neue Freiheit nutzen wollen“, so lautet der Untertitel übersetzt.

Auf sieben Seiten sind Bourke-Whites Bilder zu sehen: vom symbolisch unbesetzten Thron, vom Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi mit seinen Gefolgsleuten, vom muslimischen Politiker Muhammad Ali Jinnah sowie den britischen Unterhändlern. Auch das nebenstehende ikonische Bild von Gandhi am Spinnrad entsteht auf der Reise. Abgedruckt wird es zunächst aber nicht. Vielleicht weil es Ruhe ausstrahlte, in einer Zeit ohne Frieden. Später wird es eines der berühmtesten Bilder der 1971 an Parkinson gestorbenen Fotografin.

Bourke-White trifft Gandhi an einem seiner Schweigetage. Man nennt ihr zwei Bedingungen: kein Gespräch, kein künstliches Licht. Doch als sie Gandhis schummrige Stube betritt, handelt sie aus, dreimal Blitzlicht einsetzen zu dürfen. Vor allem das helle Fenster rechts über Gandhi macht ihr zu schaffen. Doch das Foto glückt.

Fast zwei Jahre später, als Gandhi erschossen wird, füllt das Bild im „Life Magazine“ eine halbe Seite. Darunter der Nachruf mit der Überschrift: „India loses her ‚great soul‘“ – Indien verliert seine „große Seele“. Ruhe und Frieden, so scheint es, passen jetzt besser.

Die Unabhängigkeit ist da bereits Realität und die ehemalige Kolonie hat sich, entgegen Gandhis Bestreben, zweigeteilt: in das mehrheitlich hinduistische Indien und das muslimisch geprägte Pakistan. Für Millionen Menschen auf beiden Seiten der neuen Grenze war das gleichbedeutend mit Umsiedlung, Vertreibung und Gewalt.

Im Bild prominenter platziert als Gandhi selbst ist das Spinnrad. Es galt als Symbol der Unabhängigkeit. Gandhi hatte die Bevölkerung aufgerufen, durch selbst gesponnene Garne und gewebte Stoffe die heimische Produktion zu fördern und britische Textilien zu boykottieren. Folgerichtig war das Spinnrad als zentraler Bestandteil der indischen Flagge vorgesehen. Doch 1947 einigt man sich, statt des Spinnrads ein historisches Rad als Symbol der Herrschaft des Gesetzes zu verwenden. Jakob Maurer

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