Der Herr der Löffel

Als Kind dachte Uri Geller, Besteck verbiegen kann jeder. Heute feiert der weltbekannte „Mystifizierer“ seinen 75. Geburtstag.
Der schwarze Cadillac ist über und über mit Löffeln und Gabeln bedeckt, alle sind verbogen – das Markenzeichen von Uri Geller. An einer Säule neben dem Fahrzeug hängen Schilder mit den Namen der früheren Besteckbesitzer: „Ich kenne die meisten Löffel, ich habe James Dean, ich habe Elizabeth Taylor, ich habe Atatürk, ich habe Ben Gurion...“, zählt Geller auf. Heute wird der Mann, der sich selbst als „Mystifizierer“ bezeichnet, 75 Jahre alt, aber er wirkt deutlich jünger. Bekannt in Deutschland wurde er 1974 mit seinem Auftritt in Wim Thoelkes ZDF-Show „Drei mal neun“, als er live im Fernsehen Besteck verbog. Sein Erfolg rief allerdings auch zahlreiche Kritiker auf den Plan, die sich immer wieder darum bemühten, ihn als Hochstapler zu überführen.
Geller – kurze Haare, Brille, graues T-Shirt – redet schnell und eilt von einem Ausstellungsstück zum nächsten. Der Cadillac ist Teil des Uri-Geller-Museums in der Altstadt von Jaffa, dem arabischen Vorort von Tel Aviv. Seit 2020 präsentiert Geller hier seine Sammlung aus persönlichen Gegenständen, seine alte Vespa, aber auch Fotos der Familie und Kunst, etwa von Andy Warhol.
„Da unten ist Prinzessin Dianas Teppich“, und „am Wichtigsten war das Geschenk von Salvador Dali“. Geller weist auf eine Glaskugel hin, die von Leonardo da Vinci stamme, auf ein Plattencover, das er für Michael Jackson designt habe, auf eine Kamera, die er vom US-Geheimdienst CIA bekommen habe, auf einen Brief von Albert Einstein. „Es ist so eklektisch“, sagt Geller über die Ausstellung. Auf 500 Quadratmetern Fläche präsentiert er rund 220 Stücke. Die Wände in dem 400 Jahre alten Gebäude sind aus hellem Sandstein, die Decken bis zu acht Meter hoch.
Geller ist vor sechs Jahren in seine Heimatstadt Tel Aviv zurückgekehrt, nach rund 35 Jahren in Großbritannien. Er wurde als einziges Kind seiner Eltern in der Küstenstadt im damaligen Palästina, dem heutigen Israel, geboren. Sein Verhältnis zu seinem Vater war schwierig, sagt Geller selbst, aber er habe seinen Frieden mit ihm gemacht. Die Mutter war eine entfernte Verwandte von Sigmund Freud, dem Vater der Psychoanalyse. Mit fünf Jahren verbiegt Uri erstmals einen Löffel. „Ich habe mit meiner Mutter in der Küche Suppe gegessen.“ Da sei es passiert. „Und dann dachte ich, jeder kann das machen.“
Die Eltern lassen sich scheiden, als Uri zehn Jahre alt ist. Er geht mit seiner Mutter nach Zypern. Nach der Schulzeit dient er in Israels Armee, kämpft im Sechs-Tage-Krieg 1967. Fünf Jahre später zieht er nach Deutschland, lebt für acht Monate in München und geht dann in die USA – um für die CIA zu arbeiten, wie er sagt. Dabei ist er bereits kommerziell erfolgreich mit dem Verbiegen von Löffeln, dem Anhalten und dem Reparieren von Uhren. Er wird mit seinen „Fähigkeiten“, wie er sie nennt, weltberühmt.
Zehn Jahre lebt Geller in New York, das legendäre „Studio 54“ ist um die Ecke. „Jeder war da, von David Bowie bis John Lennon bis Elton John, Mick Jagger.“ Und alle hätten ihn treffen wollen – obwohl er ja keine Berühmtheit gewesen sei, sondern „ein Typ aus Israel, der Löffel mit seinem Geist verbiegen konnte“.
Seine Erfolg in der Anfangszeit sieht er inzwischen durchaus kritisch: „Ich war so seicht, ich war auf so einem Ego-Trip, ich habe den Cadillac gekauft, um meinen Freunden in Israel zu zeigen: Ich habe es geschafft.“ Er entwickelt eine Bulimie, bekommt Panikattacken. John Lennon habe irgendwann zu ihm gesagt: „Du siehst aus wie ein Auschwitz-Überlebender.“ Der Ex-Beatle habe ihn nach Japan geschickt. Dort habe er ein Jahr mit seiner Frau im Wald gelebt. „Und dort habe ich mich gefunden.“
Skepsis gab ihm Auftrieb
Geller wurde oft als Hochstapler kritisiert. 1973 schaffte er es nicht, seine Fähigkeiten in der US-Show von Johnny Carson unter Beweis zu stellen. „Ich saß da für 22 Minuten, gedemütigt, und dachte: Uri, das ist es, du bist erledigt.“ Am nächsten Morgen habe dann eine andere Talkshow angefragt, ob er dort auftreten wolle. „Es ist egal, solange sie über mich reden“, lautet Gellers Fazit. „All die Skeptiker, die gegen mich gekämpft haben, die haben eine Mystik kreiert, die Energie des Unbekannten, die Debatte, und das war perfekt für mich in meiner Karriere.“
Zu seinem Geburtstag wolle seine Tochter mit den beiden Enkeltöchtern aus Los Angeles kommen, sagt Geller. Eine Feier habe er nicht geplant. „Es sind Corona-Zeiten.“ Sein Sohn, der die englische Regierung berate, könne leider nicht herkommen.
Und wie funktioniert das jetzt mit dem Verbiegen? Einen Löffel hat er nicht zur Hand, aber eine Gabel. „Schau, es passiert ganz schnell.“ Er hält in der einen Hand die Gabel, mit den Fingern der anderen reibt er über den Stiel – und plötzlich ist die Gabel im Winkel von 90 Grad gebogen. Nichts denke er dabei, sagt er. „Heutzutage habe ich mich so daran gewöhnt. Ich befehle ihr einfach, sich zu biegen.“ (Stefanie Järkel, dpa)