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Corona-Lockdown
Gottesdienst aufgelöst: Corona-Regeln ignoriert - Bürgermeister tobt, Pastor weiß von Nichts
- vonKatja Thorwarthschließen
In einer Kirche in Nordrhein-Westfalen hielten sich die Gläubigen nicht an die Corona-Lockdown-Regeln. Die Polizei musste einschreiten.
- Die Polizei beendete am Wochenende einen Gottesdienst wegen Verstößen gegen die Corona-Schutzbestimmungen.
- Angesichts der Corona-Neuninfektionen gelten nach wie vor Abstandsregeln und Maskenpflicht. Auch das Gesangsverbot wurde nicht eingehalten.
- Der Bürgermeister von Herford ärgert sich - die Reaktion des Pastors verwundert.
Update vom Dienstag, 05.01.2021, 07.45 Uhr: Der aufgelöste Gottesdienst in Herford sorgt auch bei Bürgermeister Tim Kähler (SPD) für Verärgerung. „Religionsfreiheit hin oder her, dafür habe ich kein Verständnis. Die meisten Menschen halten sich doch an die Regeln, wir alle geben uns alle Mühe“, sagte er dem „WDR“. Kähler befürchtet nun eine Kettenreaktion an Corona-Infektionen. „Die treffen sich wieder mit anderen Menschen“, mutmaßte der Bürgermeister.
Verwunderung löst zudem der Pastor der „Jesu Christi“-Gemeinde aus. Auf einen Anruf des „WDR“ reagierte er, der offenbar nur russisch spricht, indem er den Hörer an seiner Ehefrau weiterreichte. Sie betonte, dass es keinen Polizeieinsatz rund um den Gottesdienst in Herford gegeben habe.
Update, 13.30 Uhr: Ein Verstoß gegen Corona-Auflagen in einzelnen Kirchengemeinden ist der ehemaligen Bundesverfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff zufolge kein Grund für ein grundsätzliches Verbot von Gottesdiensten. Zunächst seien abschreckende Sanktionen das nahe liegende Mittel, sagte sie dem „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Sollte eine Gemeinde grob gegen die Auflagen verstoßen, sei es auch möglich, lediglich in dieser Organisation für einen bestimmten Zeitraum Gottesdienste zu untersagen, „damit nicht ein einzelner schlecht organisierter oder verblendeter Religionsverein das gesamte öffentliche Religionsleben weitgehend lahmlegen kann“.
Kein Abstand, keine Maske: Polizei löst Corona-Gottesdienst mit 150 Menschen auf
Erstmeldung vom Montag, 04.01.2021, 08.00 Uhr: Herford – In einer christlichen Freikirche im ostwestfälischen Herford hat die Polizei mitten in der Corona-Pandemie einen Gottesdienst mit mehr als 150 Teilnehmern beendet. Bei der Messe am Samstagabend hielten die Kinder und Erwachsenen keinen Mindestabstand ein und trugen keine Mund-Nasen-Bedeckung, wie die Polizei am Sonntag dem evangelischen Pressedienst mitteilte.
"In einer chr. Freikirche im ostwestf. Herford hat die Polizei (…) einen Gottesdienst mit mehr als 100 Teilnehmern beendet. (…) die Gläubigen [sollen] entgegen den aktuellen Regeln für Gottesdienste gesungen haben." /Stern
— Fragjanur® (@mungo_pa) January 4, 2021
Vermtl. irgendwas mit "Weiche Satan, weiche!"
Außerdem sollen die Gläubigen entgegen den aktuellen Corona-Regeln für Gottesdienste gesungen haben. „Durch die Polizeibeamten wurden insgesamt 111 Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz gefertigt“, teilten die Behörden mit.
Nach Corona-Gottesdienst in Herford: Trotz Corona kein staatliches Gottesdienstverbot
Zwar gibt es kein staatliches Gottesdienstverbot in den 16 Bundesländern. Artikel 4 im Grundgesetz schützt die Religionsfreiheit, wörtlich heißt es dort unter anderem: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ Zu Weihnachten hatten allerdings vielerorts evangelische und katholische Gemeinden Präsenzgottesdienste abgesagt. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Zusammenkünfte von Menschen in Zeiten von Corona stark eingeschränkt werden mussten, hatten auch viele Politiker:innen Präsenzmessen für unverantwortlich gehalten.
Corona-Ausbrüche in Freikirchen
Die katholischen und protestantischen Kirchen hatten in den vergangenen Wochen jedoch stets auf ihre strengen Hygienemaßnahmen verwiesen, die unter anderem Mindestabstände, Mund-Nasen-Schutz und den Verzicht auf Gemeindegesang vorsehen. Zudem seien keine größeren Corona-Ausbrüche in Gottesdiensten in Verantwortung der katholischen Bistümer und evangelischen Landeskirchen bekannt geworden.
Allerdings hatte sich kurz vor Weihnachten ein ähnlicher Fall in einer christlichen Kirchengemeinde, einer sogenannten Freikirche, in Essen ereignet. Mit einer Hundertschaft löste die Polizei einen Gottesdienst der Pfingstgemeinde auf und erstellte knapp 60 Anzeigen. Auch hier sollen die Teilnehmer:innen keinen Corona-Mindestabstand eingehalten und nur wenige Schutzmasken getragen haben. Anwohner:innen hatten sich zuvor bei der Polizei über den Gesang der Gemeinde beschwert. (ktho/tu/dpa)