Virologen kritisieren Karl Lauterbach: Warnung vor „Killervariante“ ist „unwissenschaftlich“
Karl Lauterbach muss für seine Warnung vor einer „Killervariante“ weiter Kritik einstecken. Mit Blick auf den Herbst mahnen Fachleute dennoch zur Vorsicht.
Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sorgte vor Kurzem mit einer Aussage zu einer drohenden „Corona-Killervariante“ für Aufsehen. „Es entwickeln sich gerade diverse Omikron-Subvarianten, die für mich Anlass zur Besorgnis sind. Die Abstände, in denen neue Varianten die alten ablösen, werden immer kürzer. Das bedeutet, dass wir uns immer schlechter auf die Mutationen vorbereiten können“, sagte der SPD-Politiker der Bild am Sonntag (17.04.2022).
Damit wies Lauterbach darauf hin, dass die WHO neue „besorgniserregende“ Corona-Varianten beobachtet, unter anderem die Mutation L452R. „Es ist durchaus möglich, dass wir eine hochansteckende Omikron-Variante bekommen, die so tödlich wie Delta ist. Das wäre eine absolute Killervariante“, warnte der Gesundheitspolitiker. Dafür gab es von allen Seiten ordentlich Kritik.
Virologe kritisiert Karl Lauterbach: Begriff für Corona-Variante sei „unwissenschaftlich“
Der Begriff sei „unwissenschaftlich“ und führe zu nichts als Verunsicherung in der Bevölkerung, konterte Virologe Jonas Schmidt-Chanasit gegenüber der Bild-Zeitung. Der Virologe sehe entgegen der Annahme von Karl Lauterbach wenig Hinweise auf eine Gefahr. „Das Auftreten einer ‚Killervariante‘ im Herbst ist laut Weltgesundheitsorganisation WHO ein sehr unwahrscheinliches Szenario“, sagte der Experte.

Karl Lauterbach | |
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Geboren | 21. Februar 1963 in Birkesdorf |
Partei | SPD |
Position in der Politik | Bundesminister für Gesundheit |
Zudem spreche die breite Grundimmunisierung in der Bevölkerung durch Impfungen und Corona-Infektionen gegen eine solche Variante. Die Immunität basiere „nicht nur auf neutralisierenden Antikörpern, sondern auch auf einer zellulären Immunität.“
Nach „Killervarianten“-Prognose von Lauterbach: Hendrik Streeck äußert sich
Auch Hendrik Streeck, Direktor des Institutes für Virologie und HIV-Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn, reagierte skeptisch. „Die Entwicklung von Varianten kann man nicht vorhersagen. Anstatt daher vor Szenarien wie ‚Killervarianten‘ zu warnen, wäre es wichtig, sich auf den Herbst und Winter vorzubereiten“, wurde er von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zitiert.
Von den Koalitionspartnern erntete Lauterbach ebenfalls Kritik. FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus hielt es nicht für „zielführend, bereits jetzt die Möglichkeit einer schwerwiegenderen Virusvariante zu diskutieren“, sagte sie der Bild. Fakt ist: Das Corona-Virus mutiert schnell. „Ob es sich dabei um eine gefährliche Variante handelt, kann heute niemand prognostizieren“, so die FDP-Politikerin.
Seitenhiebe gab es auch von den Grünen. „Killervariante ist ein aussichtsreicher Kandidat für das Unwort des Jahres“, schrieb Grünen-Politikerin Tabea Rößner beim Kurznachrichtendienst Twitter. „Bei aller Wertschätzung für die Expertise von Karl Lauterbach und meiner vollen Solidarität wegen all den unsäglichen Anfeindungen gegen seine Person, ich halte vage Prognosen zu der ‚Möglichkeit‘ der Entstehung einer ‚absoluten Killervariante‘ für wirklich wenig hilfreich“, twitterte Fraktionskollege Konstantin von Notz.
Lauterbach warnt vor „Killervariante“: Fachleute mahnen zur Vorsicht im Corona-Herbst
Angst in Zeiten der Pandemie sei ein schlechter Ratgeber, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der dpa. „Deshalb sollte der Bundesgesundheitsminister apokalyptische Prophezeiungen unterlassen“, ergänzte Brysch. Das hieße allerdings nicht, „unvorbereitet in den Corona-Herbst zu gehen.“
Auch Leiter der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Stefan Kluge, schloss sich seinen Vorrednerinnen und Vorrednern an. „Keine Expertin und kein Experte kann derzeit sicher sagen, welche Variante wir im Herbst bekommen“, sagte Kluge den Medien der Funke Mediengruppe am Montag (18.04.2022). „Wir sollten aber darauf vorbereitet sein, dass noch einmal eine Variante kommen kann, die zu einer höheren Krankheitsschwere führt, als dies derzeit bei der Omikron-Variante der Fall ist.“ (kas/dpa)
Erst vor Kurzem sollen „Querdenker“ die Entführung von Karl Lauterbach geplant haben. Die Pläne zeigten eine „terroristische Bedrohung“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Feaser.