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Impfungen für Kinder: Schulen und Eltern sehen Konfliktpotenzial

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Von: Matthis Pechtold

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Trotz fehlender Stiko-Empfehlung hat die Politik den Weg freigemacht für mehr geimpfte Kinder und Jugendliche. An den Schulen meldet man bereits Bedenken an.

Frankfurt a. M. – Es war so etwas wie ein Vorschlag zur Güte, den die Bundesregierung jüngst in die Tat umgesetzt hat: Ein flächendeckendes Impfangebot für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat bisher noch keine generelle Empfehlung dafür ausgesprochen, sich im betreffenden Alter gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Die Bundesregierung ist aber längst Zeuge geworden der besorgten Blicke auf das kommende Schuljahr, das im Herbst beginnen soll – und zwar möglichst in Präsenz. Auch unter dem Eindruck dieser Erwartung fällten die Gesundheitsminister:innen von Bund und Ländern dann am 2. August ihre Entscheidung. Immer deutlicher zeigt sich jetzt aber, dass längst nicht jeder glücklich werden wird mit dem Beschluss.

Impfung gegen Corona für 12- bis 17-Jährige umstritten – Schulen warnen vor Konflikten

Kritik an der Entscheidung gab es von Fachleuten und Verbandsvertreter:innen bereits reichlich. Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, bemängelte, dass die Autorität der Stiko als Expert:innengremium damit untergraben worden sei. Ähnlich äußerte sich auch ein Mitglied der Stiko gegenüber Zeit Online. Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, appellierte dagegen an die Stiko, ihre Position zu revidieren, er hält die verfügbaren Daten zu Impffolgen- und risiken für die Altersgruppe für ausreichend.

Zwei Schülerinnen gehen durch einen Eingang in ein Schulgebäude. Links und rechts hängen Schilder, die auf die geltenden Corona-Regeln hinweisen.
Ein Schuljahr in Präsenz, danach sehen sich jetzt viele. Die Gesundheitsminister setzen dafür auf Impfungen. Schulleiter:innen und Lehrer melden dagegen Bedenken an. © Federico Gambarini/dpa

Jetzt liegt eine Bewertung der Schulleiter:innen deutscher Schulen vor: Sie rechnen mit neuen Konflikten zwischen Lehrer:innen, Eltern und Schüler:innen, wenn es um die Impfung geht. „Natürlich wird es im Alltag heftige Diskussionen geben. Darauf müssen sich die Lehrkräfte einstellen“, sagte die Vorsitzende des Allgemeinen Schulleitungsverbands Deutschland, Gudrun Wolters-Vogeler, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Corona: Politische Entscheidung ohne Rückhalt der Stiko verunsichert Eltern

Der Impfstatus könnte bald ausschlaggebend dafür sein, wie stark Schüler:innen von einem Infektionsfall in der eigenen Klasse betroffen seien, warnte Wolters-Vogeler. Wer nicht vollständig geimpft ist, wird in Quarantäne müssen, während vollständig geimpfte Schüler:innen weiter am Präsenzunterricht und schulischen Leben teilnehmen könnten. Konflikte könne es auch geben „um die Frage, ob Impfungen notwendig sind und ob Elternrechte übergangen werden“, sagte Wolters-Vogeler.

Aus der Spitze der Elternschaftvertretung ist ebenfalls Skepsis zu hören. Dass eine allgemeine Stiko-Empfehlung weiter fehlt, sähen viele Eltern kritisch, sagte Ines Weber, Vorstandsmitglied im Bundeselternrat, laut der Tagesschau. Bisher legt die Stiko eine Impfung mit den ab einem Alter von 12 Jahren zugelassenen mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer sowie Moderna nur Kindern und Jugendlichen mit bestimmten Vorerkrankungen nahe.

Stiko-Chef sicher: Impfung von Kindern und Jugendlichen würde vierte Welle nicht bremsen

20 Prozent der 12- bis 17-Jährigen haben sich bereits impfen lassen, „auf eigenen Wunsch“ wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) jüngst betonte. Stiko-Chef Mertens hat für so einen Wert allerdings nur einen müden Seitenblick übrig. Der Verlauf der vierten Welle hänge „nur sehr marginal von der Impfung der Kinder“ ab, sagte er jüngst. Diese vierte Welle hat dem Robert-Koch-Institut bereits begonnen, seit vier Wochen steigt die Sieben-Tage-Inzidenz wieder. Mertens wünscht sich stattdessen mehr Fokus auf die Immunisierung der 18- bis 59-Jährigen. (mp)

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