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Corona-Impfdurchbrüche: So gefährlich ist Sars-Cov-2 für Geimpfte

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Von: Julian Dorn

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Trotz Impfung gegen das Coronavirus ist eine Erkrankung möglich (Symbolbild).
Trotz Impfung gegen das Coronavirus ist eine Erkrankung möglich (Symbolbild). © Jan Woitas/dpa

Trotz Impfung kann man sich mit Corona infizieren. Warum ist das so und wie gefährlich kann Sars-Cov-2 für Geimpfte werden? Ein Überblick.

Berlin/Frankfurt – Es sind Nachrichten, die verunsichern: Die Inzidenzen steigen* - und zwar auch bei den Geimpften. Jüngstes und prominentes Beispiel: Bayern-Trainer Julian Nagelsmann, der sich trotz zweifacher Impfung mit dem Coronavirus infiziert hat.

Und auch der Blick auf die Intensivstationen beunruhigt: Dort liegen ebenfalls immer mehr Menschen mit vollständigem Impfschutz. Schützt die Impfung überhaupt noch zuverlässig? Ist die Sorge Corona*-Geimpfter berechtigt? Ein Überblick von den wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Impfdurchbrüche.

Corona in Deutschland: Wie kann man sich trotz Impfung mit dem Virus infizieren?

Impfstoffe, das ist kein Geheimnis, bieten nie hundertprozentigen Schutz. Die Corona-Impfung zählt noch dazu zu den so genannten nicht-sterilen Impfungen. Das heißt, die Vakzine können laut Robert-Koch-Institut (RKI) keine so starke Immunantwort provozieren, dass das Coronavirus direkt nach Eintritt in den Körper eliminiert wird. Es kann sich erstmal noch weiter vermehren. Eine Infektion ist also nicht ausgeschlossen.

Die Impfungen sorgen lediglich dafür, dass der Körper im Fall einer Infektion vorbereitet ist und die Krankheitserreger bekämpfen kann. Oft reicht das, um nach einer Infektion zumindest den Ausbruch der Krankheit zu verhindern. Aber auch das nicht immer.

Als Impfdurchbruch definiert das RKI eine Sars-Cov-2-Infektion (mit klinischer Symptomatik), die bei einer vollständig geimpften Person diagnostiziert wurde. Vollständiger Impfschutz wird angenommen, wenn nach einer abgeschlossenen Impfserie mindestens zwei Wochen vergangen sind. 

Es gibt verschiedene Gründe für Corona-Impfdurchbrüche:

Corona-Impfungen in Deutschland: Wie viele Impfdurchbrüche wurden bisher registriert?

Das RKI zählte in seinem Wochenbericht 95.487 Impfdurchbrüche bei etwa 55 Millionen Impfungen (Stand: 21.10.2021) seit Beginn der Impfkampagne. In der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen waren es 73.380, bei den über 60-Jährigen 21.148. Diese Zahlen scheinen hoch, insgesamt haben sich seit Beginn der Impfungen aber deutlich mehr Ungeimpfte als Geimpfte mit dem Coronavirus infiziert.

In den Kalenderwochen 38 bis 41 waren mehr als zwei Drittel der Neuinfizierten ungeimpft, während in der Gesamtbevölkerung nur rund ein Drittel ungeimpft ist. Unter allen Covid-Erkrankten, die Symptome aufwiesen, waren rund 31 Prozent geimpft.

Die Häufigkeit der Impfdurchbrüche nach Altersgruppen:

Das RKI weist jedoch daraufhin, dass die Auswertungen zu den wahrscheinlichen Impfdurchbrüchen „mit Vorsicht interpretiert“ werden müssen. So besteht etwa die Gefahr, dass die Angaben zum Impfstatus der gemeldeten Covid-19-Fälle noch immer nicht 100 Prozent zuverlässig und vollständig erfasst werden. Deshalb könnte die Zahl der wahrscheinlichen Impfdurchbrüche unterschätzt und dadurch die Effektivität der Impfstoffe überschätzt werden. Auch ein möglicherweise unterschiedliches Testverhalten bei Geimpften und Ungeimpften könne die Ergebnisse verzerren.

Corona-Impfungen in Deutschland: Welche Symptome treten bei Impfdurchbrüchen auf?

Tendenziell sind Symptome des Coronavirus* bei infizierten Geimpften schwächer ausgeprägt als bei Ungeimpften. Die Beschwerden von erkrankten Geimpften unterscheiden sich jedoch laut einer Studie des King‘s College in London teilweise von den Symptomen Ungeimpfter.

Zwar klagten viele Probanden auch über das klassische Corona-Symptom Kurzatmigkeit, allerdings kam es teils auch zu Schnupfen, was ohne Impfung fast nie der Fall ist. Viele der Geimpften klagten der Studie nach auch über Ohrenschmerzen, was eigentlich kein klassisches Covid-Symptom ist (wie etwa Fieber, Husten und Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns).

Corona-Impfungen in Deutschland: Sind Geimpfte bei einem Impfdurchbruch ansteckend?

Ob Geimpfte bei einem Impfdurchbruch ansteckend sind, ist den Angaben des RKI zufolge noch nicht abschließend geklärt. Wenn sich eine Person mit dem Virus infiziert, dauert es eine gewisse Zeit, bis das Immunsystem darauf anspringt und den Erreger bekämpft. So lange kann er sich ungebremst vermehren. Bis die körpereigene Abwehr reagiert, dauert es bei Ungeimpften länger, deswegen dürfte ihre Viruslast und damit die Infektiosität höher sein.

Doch auch bei infizierten Geimpften dauert die Immunantwort, wenn auch nicht so lange. Da die Impfung wohl keine sterile Immunität erzeugen, also nicht verhindern kann, dass der Erreger sofort nach Erstkontakt eliminiert wird, ist eine Übertragung nicht ausgeschlossen. Das Virus kann sich also auch im immunisierten Körper erstmal weiter reproduzieren. Die Kardinalfrage also lautet: Reicht die Viruslast Geimpfter aus, um andere anzustecken? Dazu ist die Studienlage noch dünn.

Der Immunologe Carsten Watzl zieht den Schluss: „Der einzelne Geimpfte ist gewiss deutlich besser geschützt als ein Nicht-Geimpfter, dieser wiederum kann sich aber nicht mehr darauf verlassen, geschützt zu sein, weil um ihn herum alle geimpft sind“, sagte er laut Deutscher Presse Agentur (dpa).

Geimpfte könnten möglicherweise das Virus unwissentlich verbreiten, gerade auch, weil sie wegen oftmals ausbleibender oder schwach ausgeprägter Symptome möglicherweise gar nichts von ihrer Infektion bemerken. Experten, wie der Infektionsimmunologe Leif Erik Sander von der Berliner Charité, empfehlen daher, dass Geimpfte weiterhin Masken tragen und sich regelmäßig testen lassen sollen, wenn sie in kritischen Bereichen, etwa in der Altenpflege oder im Krankenhaus, arbeiten.

Corona-Impfdurchbrüche in Deutschland: Wie viele symptomatisch an Covid-19 erkrankte Geimpfte mussten ins Krankenhaus?

Vollständig geimpft waren unter allen hospitalisierten Covid-Erkrankten im Zeitraum vom 13.09. bis 10.10.2021 laut dem Wochenbericht des RKI:

Corona-Impfungen in Deutschland: Wie viele symptomatisch an Covid-19 erkrankte Geimpfte mussten auf die Intensivstation?

Laut RKI waren unter allen intensivmedizinisch versorgten Patienten in diesem Zeitraum vollständig geimpft:

Corona-Impfdurchbrüche in Deutschland: Wie viele der vollständig geimpften und an Covid-19 erkrankten Patienten sind verstorben?

Folgende Zahlen gibt das RKI an für vollständig Geimpfte unter allen Corona-Infizierten, die an der Infektion verstorben sind (Zeitraum 13.09. bis 10.10.2021):

Corona-Impfungen in Deutschland: Was verraten uns die Zahlen? Wie gefährlich ist Corona nun für Geimpfte?

Betrachtet man den Anteil der Impfdurchbrüche an allen Covid-19-Fällen über den gesamten Verlauf der Pandemie ist klar, dass nur ein geringer Anteil der hospitalisierten, auf Intensivstation betreuten beziehungsweise verstorbenen Covid-19-Fälle Impfdurchbrüche gewesen sind.

Was kann man daraus ableiten? Kommt es doch zu einer Infektion und einer Covid-Erkrankung, so verrät ein Blick auf die Häufigkeitsverteilung des RKI: Bei der Mehrheit der vollständig geimpften und dennoch an Covid erkrankten Menschen, gerade bei Jüngeren, schützen die Impfstoffe weiterhin vor einem schweren oder gar tödlichen Verlauf und damit vor einer Hospitalisierung.

Das haben unter anderem auch Forscher des King’s College in London mit einer Studie bestätigt: Dazu werteten sie Daten von über 1,1 Millionen Briten aus, die zwischen Dezember 2020 und Mitte Mai 2021 eine Corona-Impfung verabreicht bekamen.

Unter der Masse an Probanden wurden gerade einmal rund 2300 Menschen entdeckt, die nach ihrer ersten Impfung positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Das entspricht einer Quote von 0,2 Prozent. Nach der vollständigen Immunisierung infizierten sich sogar nur noch 187 Personen (0,03 Prozent).

Corona-Impfdurchbrüche: Weiterhin hohe Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe

Zu diesem Befund kommt auch das RKI in seinem Bericht und resümiert: „Zusammengefasst bestätigen die Anzahl der wahrscheinlichen Impfdurchbrüche sowie die nach der Screening-Methode geschätzte Wirksamkeit der eingesetzten Impfstoffe die hohe Wirksamkeit aus den klinischen Studien.“

Noch eine gute Nachricht: Dass schwer an Covid-19 erkrankte Geimpfte sterben, kommt nach wie vor sehr selten vor. Seit Beginn der Impfkampagne sind 923 geimpfte Infizierte gestorben. Zum Vergleich: Insgesamt gab es 11.865 Corona-Tote. Der Anteil an geimpften Verstorbenen ist also sehr gering.

Das RKI hält die steigende Anzahl an Impfdurchbrüchen nicht für überraschend: „Dass im Laufe der Zeit mehr Impfdurchbrüche verzeichnet werden, ist erwartbar, da generell immer mehr Menschen geimpft sind und sich Sars-Cov-2 derzeit wieder vermehrt ausbreitet.“ Dadurch steige die Wahrscheinlichkeit, als vollständig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen, so das RKI in seinem Wochenbericht weiter.

Es gibt inzwischen auch Zahlen, wie wirksam die Impfstoffe tatsächlich sind. Durch einen Vergleich des Anteils vollständig Geimpfter unter Covid-19-Fällen mit dem Anteil vollständig Geimpfter in der Bevölkerung kann das RKI die Wirksamkeit der Impfung, zumindest grob, abschätzen. Die Behörde schlüsselt diese mit Hilfe der wissenschaftlich anerkannten Screening-Methode nach Farrington ermittelte „Impfeffektivitätin ihrem jüngsten Wochenbericht (Stand: 21.10.2021) wie folgt auf:

Corona-Impfdurchbrüche in Deutschland: Welche Geimpften sind besonders gefährdet?

Die Zahlen des RKI verdeutlichen aber auch: Das Risiko, dass ein geimpfter Corona-Patient einen schweren oder tödlichen Verlauf entwickelt, ist vor allem bei älteren Menschen hoch. „Unter den insgesamt 817 Covid-19-Fällen mit Impfdurchbrüchen, die verstorben sind, waren 606 80 Jahre und älter“, erklärt das RKI. Das sind rund 74 Prozent.

Das Immunsystem von älteren Menschen reagiert tendenziell schlechter auf Impfstoffe (und zwar auf alle, das ist kein Spezifikum der Corona-Impfstoffe). Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein „Verschulden“ des Impfstoffs, sondern das liegt in der altersbedingten Schwäche des Immunsystems begründet. Generell hätte diese Altersgruppe zudem ein höheres Sterberisiko, so das RKI. Das habe nichts mit der Wirksamkeit der Impfstoffe zu tun. Hinzu kommt, dass die Impfwirkung mit der Zeit nachlässt. Bei vielen Betagten dürfte die Impfung schon lange zurückliegen, da diese zumeist zuerst geimpft worden sind. 

Gerade diesen Risikopatienten, die stärker gefährdet sind, trotz Immunisierung schwer an Covid zu erkranken, empfiehlt das RKI eine sogenannte Booster-Impfung mit den Corona-Impfstoffen*, also eine dritte Impfung zur Auffrischung. Experten gehen davon aus, dass sich die Immunantwort jedes Mal verbessere, wenn das Immunsystem sich mit dem Virus oder der Impfung beschäftigen müsse.

Doch nicht nur Senioren, auch andere Risikopatienten sollten ernsthaft über eine Auffrischungsimpfung (frühestens 6 Monate nach der Zweitimpfung) nachdenken, empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko):

Fazit: Eine Corona-Impfung erzeugt keine sterile Immunität. Geimpfte können sich also weiterhin mit dem Virus infizieren und es vermutlich auch weitergeben, wenn auch schwerer. Gerade jüngere Geimpfte ohne Vorerkrankungen entwickeln aber nach einer Ansteckung, wenn überhaupt, meist weniger schwere Symptome. Ältere und andere Risikogruppen haben jedoch noch ein erhöhtes Risiko, trotz Impfung einen schweren Verlauf zu entwickeln, stationär bzw. intensivmedizinisch behandelt zu werden oder an der Infektion zu sterben. Insgesamt müssen geimpfte Patientinnen und Patienten jedoch auf Intensivstationen seltener behandelt werden und auch das Sterberisiko ist geringer – aber eben nie null. (Julian Dorn mit Material der dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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