Corona-Impfschäden: Mehr als 180 Klagen in Deutschland eingereicht
Corona-Impfschäden werden zunehmend anerkannt und auch vor Gericht verhandelt. Das Problem der Kausalität könnte eine „Sachverständigen-Schlacht“ auslösen.
Frankfurt – In Deutschland wurden mehr als 180 Klagen wegen angeblicher Impfschäden gegen die Corona-Impfstoff-Hersteller eingereicht. Diese werden auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagt. Der wohl erste Prozess diesbezüglich, der Ende April stattfinden sollte, wurde auf den 7. Juli verschoben. Geklagt hatte eine Frau gegen den Hersteller Biontech. Sie behauptet, dass sie durch die Covid-19-Impfung einen Herzschaden davongetragen habe. Das Problem bei den Klagen ist es, die Kausalität nachzuweisen. Also ob der gesundheitliche Schaden ursächlich auf die Impfung zurückzuführen ist.
Corona-Impfschäden: Mehr als 185 Klagen in Deutschland eingereicht
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fordert inzwischen eine stärkere Förderung der Forschung zu möglichen Corona-Impfschäden. Zwei Kanzleien in Düsseldorf und Wiesbaden vertreten nach eigenen Angaben 135 beziehungsweise 50 Fälle. Alle vier große Hersteller sind von den Klagen betroffen.

Dabei wird jeder Fall einzeln verhandelt, es sei denn, es wird ein Vergleich erzielt. Bei den Verhandlungen wird es um die Kausalität gehen – also die Frage, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der Impfung und dem gesundheitlichen Schaden gibt. Jurist:innen und Mediziner:innen schätzen, dass diese Frage am Ende von Gutachten entschieden wird. Die Düsseldorfer Kanzlei hatte nach eigenen Angaben rund 3.000 Anfragen, aus denen 810 Mandate wurden, die wiederum in 135 Klagen mündeten. Die Wiesbadener Kanzlei berichtete von 850 Mandaten und 50 Klagen. Hunderte Fälle wurden als aussichtslos abgelehnt.
Mehr als 180 Klagen wegen möglicher Corona-Impfschäden – Impfstoff-Hersteller reagieren
Für Covid-19-Impfstoffe gelten prinzipiell dieselben Haftungsregeln wie für andere Arzneimittel, etwa nach dem Arzneimittelrecht oder dem Produkthaftungsgesetz. Wenn ein Produktionsfehler vorliegt, kann der Hersteller zur Verantwortung gezogen werden. Wird das Arzneimittel etwa fehlerhaft verabreicht, haftet wiederum die impfende Person.
Der Düsseldorfer Anwalt Tobias Ulbrich erwartet eine „Sachverständigen-Schlacht“ – wenn die Gerichte nicht schon zu Beginn ein „Abschreckungsurteil“ fällen. Der Hersteller Biontech betonte, „dass bisher in keinem der von Biontech geprüften Fälle ein kausaler Zusammenhang zwischen den dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Impfung mit Comirnaty nachgewiesen werden konnte.“
Eine Unternehmenssprecherin ergänzte aber: „Wir nehmen unsere Verantwortung als Impfstoffhersteller sehr ernst.“ Biontech prüfe sorgfältig jeden Fall, in dem Ansprüche gegenüber dem Unternehmen geltend gemacht werden. Voraussetzung sei allerdings, dass genügend Unterlagen vorliegen. „Bei der Bewertung des Falls können wir uns allein auf die medizinischen Fakten stützen, um zu evaluieren, ob ein kausaler Zusammenhang besteht oder nicht. Genau daran fehlt es leider sehr häufig.“
Klagen wegen Impfschäden - Schwere Impffolgen treten selten oder sehr selten auf
„Schwerwiegende Nebenwirkungen“ sind in Paragraf 4 des Arzneimittelgesetzes definiert - als Impffolgen, „die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen“. Der Begriff „Post-Vac“ hat sich für Beschwerden, die in Folge einer Impfung entstehen, durchgesetzt. Medizinisch definiert ist er allerdings nicht.
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) veröffentlicht regelmäßig „Sicherheitsberichte“, die schwere Impfkomplikationen auflisten. Sie alle treten laut den PEI-Daten „selten“ (ein Fall pro 10.000 bis 1.000 Impfungen) oder „sehr selten“ (weniger als ein Fall pro 10.000 Impfungen) auf:
- Die Herzkrankheit Myo-/Perikarditis
- Die im Gehirn auftretende Sinusvenenthrombose und weitere Blutgerinnsel
- Eine Gesichtslähmung
- Eine Muskelschwäche namens Guillain-Barré-Syndrom
- Der Hörschaden Tinnitus.
Mehr als 300.000 Verdachtsfälle auf Impfkomplikationen und Nebenwirkungen
In dem jüngsten ausführlichen Sicherheitsbericht, der Daten bis Ende Juni 2022 enthält, wurden 120 Fälle aufgelistet, bei denen zwischen einem Todesfall und der Corona-Impfung ein „wahrscheinlicher oder möglicher ursächlicher Zusammenhang“ anerkannt wurde. Laut PEI ist die Zahl der Todesfälle 30 Tage nach einer Corona-Impfung aber nicht häufiger, als im statistischen Durchschnitt zu erwarten wäre. Dem Institut wurden bis Mitte vergangenen Jahres 323.684 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen gemeldet.
Bei einigen Hundert Menschen wurden Versorgungsansprüche bewilligt. Nach Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sind bis Mitte März 2023 in 13 der 16 Bundesländer 6.600 Anträge auf Versorgungsleistungen wegen Corona-Impfschäden eingegangen. Die Zahl der von den Versorgungsämtern anerkannten Corona-Impfschäden lag den Recherchen zufolge zuletzt bei 284. Es kommt demnach in den besagten 13 Bundesländern ein anerkannter Corona-Impfschaden auf rund 214.000 geimpfte Menschen. (vk/dpa)