Corona in England: Heftige Proteste gegen Impfpflicht in London

Die Maßnahmen sind just gelockert, da protestieren in London Tausende gegen die Impfkampagne. Die teils entwürdigenden Botschaften erzürnen Bürgermeister Khan.
London – Am Samstag (24.07.2021) haben sich in London tausende Menschen zu einer „Kundgebung für die Freiheit“ zusammengefunden – fünf Tage, nachdem die englische Regierung fast alle Corona-Beschränkungen im Land aufgehoben hat. Medienberichten zufolge handelte es sich dabei offenbar in erster Linie um Anhänger:innen von Verschwörungsmythen. Londons Oberbürgermeister Sadiq Khan bezog Stellung zu den kontroversen Botschaften der Protestierenden und nahm das Gesundheitspersonal des Landes in Schutz.
An der Kundgebung nahm unter anderem Piers Corbyn teil, der Bruder des ehemaligen Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn. Piers Corbyn versuchte dem Online-Medium The Independent zufolge, einen Sprechchor gegen die Regierung anzustimmen. „Ping Off“, hieß es darin, eine Anspielung auf den Benachrichtigungston der Handy-App des staatlichen Gesundheitssystems NHS. Er begleitet eine Benachrichtigung an den/die App-Nutzer:in mit der Bitte, sich in Quarantäne zu begeben – entweder, weil sie selbst mit dem Coronavirus infiziert sind, oder weil sie jüngst engen Kontakt zu einer anderen infizierten Person hatten. Von einer „Pingdemic“ ist in dem Zusammenhang mittlerweile die Rede.
Impf-Gegner:innen und Verschwörungstheoretiker protestieren in London
Die leeren Regalfächer, die dieser Tage das Bild von Supermärkten im Vereinigten Königreich prägen, sind ein deutlicher Indikator: Viele halten sich an das Selbstisolationsgebot und erscheinen deshalb nicht bei der Arbeit. Anderswo bleibt der Müll am Straßenrand stehen, die Polizei kündigte ebenfalls längere Wartezeiten für Einsätze an.
Mit „Ping off“ meint Piers Corbyn allerdings etwas anderes als sich mit einem Tönchen in die Isolation zu verabschieden. Freundlich übersetzt fordert er die Regierung damit auf, sich von ihm fernzuhalten. Das also steckt hinter dem Freiheitsbegriff, den Corbyn hier in Anschlag bringt.
London: Bürgermeister Khan verurteilt entwürdigende Aussagen von Corona-Leugnerin
Andere Teilnehmende der Demonstration verstehen Freiheit wieder anders. Eine ehemalige Krankenpflegerin rief dazu auf, die Namen von medizinischem Personal zu sammeln und ihr zukommen zu lassen. Gemeinsam mit „einer Gruppe Anwälten“ würde sie diese sammeln. Es folgte eine unmissverständliche Anspielung auf die Nürnberger Prozesse und die Aufforderung an Ärzt:innen und Krankenpfleger:innen, sich ihr anzuschließen.
Corona in Großbritannien | Stand: 25.07.2021 |
Inzidenz | 502,1 |
Corona-Infizierte | 5.669.260 |
Todesfälle | 153.070 |
Erste Impfung | 88,0 % |
Zweite Impfung | 69,9 % |
Quelle: https://coronavirus.data.gov.uk/ |
„Absolut entsetzlich“ empfand Londons Bürgermeister Sadiq Khan die Aussagen der Krankenpflegerin. „Ich habe es direkt bei der Met Police [der Londoner Polizei; Anm. d. Red.] angesprochen. Unsere NHS-Mitarbeiter sind die Helden dieser Pandemie und die Londoner aus der ganzen Stadt lehnen diesen Hass entschieden ab“, schrieb Khan auf Twitter.
Proteste gegen Impf-Kampagne im Vereinigten Königreich und Frankreich
Außer Piers Corbyn gehörten auch die Verschwörungserzähler David Icke und Gillian McKeith zu den Rednern auf dem Trafalgar Square, genauso wie die rechtsextreme Kommentatorin Katie Hopkins, die erst kurz zuvor aus Australien abgeschoben worden war, nachdem sie mit ihren Verstößen gegen die dortigen Quarantäneregeln geprahlt hatte.
Auch in Belfast, Birmingham und Manchester wurde gegen die Impfkampange protestiert. In Dublin versammelten sich 1500 Demonstrierende zu einem Zug durch die Stadt. Ebenso kam es am Samstag in Frankreich zu Protesten gegen ein neues Gesetz, das Impfpässe und eine Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen eingeführt hatte. (mp)