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Virologe Christian Drosten befürchtet drastischen Anstieg der Corona-Fallzahlen

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Von: Karolin Schäfer

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Noch im Januar hoffte Virologe Christian Drosten auf ein baldiges Ende der Corona-Pandemie. Nun rechnet er mit einem erneuten Anstieg der Neuinfektionen.

Berlin – Charité-Virologe Christian Drosten rechnet in Deutschland mit einem hohen Anstieg der Corona-Neuinfektionen – insbesondere nach den Sommerferien. „Ich hoffe, dass die Schulferien den Anstieg der Erkrankungsfälle etwas dämpfen werden. Aber ab September, fürchte ich, werden wir sehr hohe Fallzahlen haben“, erklärte der Leiter der Virologie-Abteilung an der Berliner Charité am Donnerstagabend (23. Juni) in einem Interview gegenüber dem Spiegel.

Sollten vorher keine Maßnahmen ergriffen werden, werde es vor allem im Arbeitsleben „sehr viele krankheitsbedingte Ausfälle“ geben, kündigte Drosten an. Derzeit sehe man bereits einen exponentiellen Anstieg der Fallzahlen. „Die BA.5-Variante ist einfach sehr übertragbar, und die Menschen verlieren gleichzeitig ihren Übertragungsschutz aus der letzten Impfung“, sagte der Virologe mit Blick auf die sich schnell ausbreitete Omikron-Sublinie.

Anstieg der Corona-Fallzahlen erwartet – Auch in anderen Ländern beobachtbar

Das lasse sich bereits in anderen Ländern an einem Anstieg der Hospitalisierungs- und Todeszahlen beobachten. „Das wird auch bei uns leider so sein. Insgesamt werden aber viel weniger Menschen schwer erkranken und sterben als noch 2021“, so Drosten.

Auch wenn Drosten noch im Januar die Hoffnung geäußert hatte, dass die Pandemie im Laufe des Jahres in Deutschland vorbei sein könnte, ist er nun ganz anderer Einschätzung. Er glaube nicht, dass man zum Jahresende den Eindruck haben werde, die Pandemie sei vorbei, sagte der Corona-Experte. Auch das Robert Koch-Institut (RKI) ging davon aus, dass saisonale Effekte, die das Virus eigentlich ausbremsen, die Verbreitung dieser Varianten nicht kompensieren können, wenn Verhaltensregeln nicht mehr beachtet werden. Dem RKI zufolge soll noch im Sommer ein drastischer Anstieg der Corona-Fälle erkennbar sein.

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité Berlin.
Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité Berlin. © Florian Gaertner/photothek.de/imago

Corona-Fallzahlen in Deutschland – Inzidenz steigt sprunghaft

Trotz der aktuell sommerlichen Temperaturen, verzeichnete das RKI einen sprunghaften Anstieg der Inzidenz. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz lag am Freitagmorgen (24. Juni) bei 618,2. Am Vortag hatte der Wert noch bei 532,9 gelegen. Innerhalb eines Tages meldeten die deutschen Gesundheitsämter dem RKI 108.190 Corona-Neuinfektionen (Vorwoche: 28.118) und 90 Todesfälle (Vorwoche: 19). Expertinnen und Experten weisen jedoch darauf hin, dass viele Corona-Fälle nicht vom RKI erfasst werden können. Das liege unter anderem daran, dass nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Denn nur positive PCR-Tests zählen in die Statistik des RKIs.

Corona-Fallzahlen am Freitag (24. Juni)
Inzidenz618,2
Neuinfektionen108.190
Todesfälle90
QuelleRKI

Christian Drosten empfiehlt allen, eine Infektion mit Covid-19 möglichst zu vermeiden. Das Risiko von Long Covid sei hoch. „Leider ist eine Infektion langfristig aber unausweichlich. Und nach und nach bildet sich tatsächlich ein schleimhautspezifischer Schutz, von dem ich annehme, dass er die Bevölkerungsimmunität insgesamt belastbarer macht“, erklärte der Charité-Virologe. Andererseits entwickle sich auch das Virus weiter.

„Ich gehe davon aus, dass sich da irgendwann ein neues Gleichgewicht einpendelt: Die Bevölkerungsimmunität durch Impfungen und Infektionen wird irgendwann so stark sein, dass das Virus an Bedeutung verliert. Dann sind wir im endemischen Zustand.“ Im schlimmsten Fall könne das aber noch „einige Winter dauern“, vermutete Drosten. (kas/dpa)

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