Luftalarm, Kriegsrisiko-Versicherung und Armee-Beitritt: Reiseportale werben für Ukraine-Urlaub
Urlaub mitten im Krieg? Der Tourismus ist in der Ukraine zurückgegangen. Reiseportale bieten nun Urlaube in wiedereroberte Gebiete wie Butscha oder Irpin an.
Frankfurt/Kiew – Wandern in Südtirol, Strandurlaub an der spanischen Küste oder ein Städtetrip durch die Ukraine? Wer seinen Urlaub für dieses Jahr plant, wird letztere Option wohl eher nicht in Erwägung ziehen. Seit mehr als einem Jahr befindet sich die Ukraine im Krieg. Die Tourismusbranche muss sich mit den Folgen des russischen Angriffes auseinandersetzten. Doch der Krieg zieht Menschen an, die die Schauplätze mit eigenen Augen sehen wollen. Reiseagenturen bieten Möglichkeiten an, die zerstörten Städte zu sehen.
„Vor Reisen in die Ukraine wird gewarnt. Deutsche Staatsangehörige sind dringend aufgefordert, das Land zu verlassen“, informiert das Auswärtige Amt auf seiner Website. Auch ohne diese Warnung werden die meisten Menschen wissen, dass eine Einreise in die Ukraine gefährlich ist. Aktuell tobt der Krieg zwar primär im Osten, doch jederzeit kann es auch andere Städte und Gebiete in der Ukraine treffen. Die Anreise ist nur über den Landweg möglich, der Luftraum ist gesperrt. Mitten im Chaos gibt es das Reiseportal visitukraine.today, welches Ausflüge in sogenannte „mutige Städte“ anbietet.
Urlaub in der Ukraine: Reiseportale werben mit Städtetrip zu wiedereroberten Städten
Darunter fallen Städte wie Butscha oder Irpin, die vom Krieg gezeichnet sind. Eine Reise dorthin wird derzeit für Politikerinnen und Politiker, Diplomatinnen und Diplomaten oder auch Journalistinnen und Journalisten angeboten. Im August 2022 kündigte visitukraine.today an, solche Touren auch anderen Menschen zu ermöglichen. In der Zukunft sollen „Touristen aus allen Teilen der Welt [...] mit eigenen Augen sehen können, was in den zerstörten Städten der Ukraine passiert ist“, sagte Anton Taranenko, CEO des Reiseportals, in einer Mitteilung.

„Wir müssen die Weltgemeinschaft über die tragischen Ereignisse informieren, die sich leider in der zivilisierten Welt des 21. Jahrhunderts ereignet haben“, so Taranenko weiter. Die Einnahmen dieser Touren werden in den Wiederaufbau der Städte gesteckt und sollen auch ukrainischen Geflüchteten zugutekommen. Das Tourismus-Geschäft wird jedoch nicht vom Staat begrüßt. „Wir unterstützen diese Art des Tourismus nicht“, sagte die Vorsitzende der staatlichen Agentur für Tourismusentwicklung (SATD), Mariana Oleskiv, zu n-tv.de.
Urlaub im Kriegsgebiet: Touristen können „Kriegsrisiko-Versicherung“ für Ukraine-Reise buchen
Von Ski- bis hin zum Spa-Urlaub bietet die Reiseagentur fast alles an. Dennoch müssen sich Touristen auch speziell auf den Besuch in der Ukraine vorbereiten. So etwa auf einen Luftalarm, der durch eine spezielle App angekündigt werden kann. Das gewählte Hotel sollte sich am besten in der Nähe eines Luftschutzbunkers befinden. Auch die Ausgangssperren müssen beachtet werden. Die Website von Visit Ukraine bietet zusätzlich eine Kriegsrisiko-Versicherung an und teilt einen Link zur ukrainischen Fremdenlegion, der sich Ausländerinnen und Ausländer anschließen könne, um für die Ukraine zu kämpfen.
Laut n-tv.de soll es Gerüchte über ausländische Kriegstouristinnen und -touristen geben. Doch Oleskiv erzählte, dass diese Form des Tourismus aufgrund der umfassenden Kontrollen kaum möglich sei. Ihr sei nichts bekannt. „Ich möchte betonen, dass die Sicherheit das Wichtigste ist. Als Regierungsbehörde empfehlen wir Ausländern nicht, eines der ukrainischen Reiseziele zu besuchen, wenn ein Krieg im Gange ist“, sagte sie. „Wir empfehlen jedoch, die Ukraine auf ihre künftige Reiseliste zu setzen, denn es ist ein wunderschönes Land, in dem es sehr sicher war, bis Russland diesen Krieg begann“, ergänzte die Vorsitzende der SATD.

Urlaub in der Ukraine: Staatliche Behörde empfiehlt Urlaub erst nach dem Krieg
Reisen in Kriegsgebiete sind auch eine ethische Frage. „Solche Reisen sind erst einmal heikel, weil sie viel Fingerspitzengefühl von den Anbietern erfordern“, sagte Harald Friedl von der FH Joanneum, der sich mit Ethik im Tourismus beschäftigt, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Es geht darum, wie sensibel und qualifiziert ein Unternehmen ist und wie es auf eine Gruppe vor Ort einwirken kann.“ Der Grat zwischen dem Missbrauch der Ansässigen durch Zur-Schau-Stellen und dem finanziellen Gewinn, den der Tourismus bringt, sei schmal. „Wichtig ist, dass man sich am Leid der anderen, an der persönlichen Tragödie nicht ergötzen darf“, so Friedl weiter.
Im Westen des Landes sollen sich auch ausländische Touristinnen und Touristen befinden, wie Oleskiv erzählte. Im Jahr 2022 sollen mehr als zwei Millionen Ausländerinnen und Ausländer die Grenze zur Ukraine überquert haben. Doch es handle sich dabei nicht um die typischen Touristinnen und Touristen, wie Oleskiv erklärte. „Viele Politiker, Freiwillige und Vertreter internationaler Organisationen reisen in die Ukraine. Manche Leute kommen aus geschäftlichen Gründen oder zur medizinischen Behandlung. Ich habe ein paar Ausländer in den Skigebieten gesehen“, sagte Oleskiv. Sie glaubt, dass nach dem Sieg der Ukraine Millionen Touristen in die Ukraine reisen werden. (vk)