„Diskriminierender Name“: WHO sucht neue Bezeichnung für Affenpocken-Virus
Fachleute fordern eine „nicht diskriminierende“ Bezeichnung für das Affenpocken-Virus. Dieser Forderung will die WHO nun nachgehen.
Frankfurt – Derzeit werden in zahlreichen Ländern auf der Welt Ausbrüche der Affenpocken gemeldet. Auch in Deutschland ist das Affenpocken-Virus inzwischen angekommen, mehr als 200 Infektionen sind bereits bekannt (Stand 14. Juni).
Nun soll es für das Affenpocken-Virus bald einen neuen Namen geben. Vorschläge sollten so bald wie möglich erfolgen, kündigte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf an. Damit will die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Forderung von 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nachgehen.
Affenpocken-Virus: „Nicht diskriminierender“ Name gefordert
In der vergangenen Woche veröffentlichten die Fachleute eine Erklärung, in der ein „nicht diskriminierender und nicht stigmatisierender“ Name für die Virusinfektion gefordert wurde. Seit dem ersten Bericht über eine Affenpocken-Infektion in den 1970er Jahren, wurden immer wieder Ausbrüche in West- und Zentralafrika gemeldet, globale Infektionswellen gab es eher selten. Dabei seien den Forschenden zufolge fast alle Infektionen aus afrikanischen Ländern „das Ergebnis eines Übergreifens von Tieren auf Menschen“. Berichte von Mensch-zu-Mensch-Übertragungen habe es nur selten gegeben. Dennoch herrsche in internationalen Medien und der wissenschaftlichen Literatur überwiegend die Annahme vor, dass Affenpocken in einigen afrikanischen Ländern endemisch seien.

Der aktuelle, globale Ausbruch werde aber vor allem über Übertragungen von Mensch zu Mensch aufrechterhalten, auch wenn die Ursache des anhaltenden Infektionsgeschehens derzeit noch nicht abschließend geklärt sei, so die Fachleute in ihrem Schreiben. Dennoch werden im gegenwärtigen Diskurs Ausbrüche mit dem Affenpocken-Virus entweder in die westafrikanische und zentralafrikanische Klade oder Kongobecken-Klade unterteilt. Dies widerspreche den Forschenden zufolge aber der gängigen Praxis, „geografische Standorte in der Nomenklatur von Krankheiten und Krankheitsgruppen zu vermeiden.“
Affenpocken-Virus: Aktuelle Bezeichnung „irreführend und ungenau“
Die Bezugnahme, dass das Virus „afrikanisch“ sei, bezeichnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur als „ungenau, sondern auch diskriminierend und stigmatisierend.“ Die Verwendung von Bildern mit afrikanischen Patientinnen und Patienten in den Medien, um die Pocken-Ausbrüche darzustellen, würde diese Stigmatisierung manifestieren. Ein angepasster Name ist für die globale Gesundheitsgemeinschaft angemessener, hieß es weiter.
Die geografische Bezeichnung von Infektionskrankheiten basierten früher oft auf den Orten ihrer ersten Entdeckung. Das sei den Forschenden zufolge aber irreführend und ungenau, da diese Begrenzung nicht das gesamte Spektrum des Erregers betrachtet.
Affenpocken-Virus: WHO will Forderung aus der Wissenschaft nachgehen
Die 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fordern stattdessen, sich an bewährten Verfahren zur Benennung von Infektionskrankheiten zu orientieren, „um unnötige negative Auswirkungen auf Nationen, geografische Regionen, Volkswirtschaften und Menschen zu minimieren.“ In der Erklärung wird eine Klassifizierung der Affenpocken (MPXV) in drei Gruppen vorgeschlagen: MPXV-Klassen 1, 2 und 3. Diese beziehen sich auf die bisherigen „afrikanischen“ Kladen. Wie die WHO über diesen Vorschlag entscheidet, wird sich zeigen. Fest steht zumindest, dass es eine Änderung geben wird.
Die Forschenden drängen damit „auf eine rasche Entscheidung und Annahme eines neuen Namens“, um mit den Affenpocken „verbundenen historischen Assoziationen zu brechen“. Dazu befinden sich die Fordernden nach eigenen Angaben bereits in Gesprächen mit der WHO.
Derweil hat die Ständige Impfkommission (Stiko) in Deutschland eine Impfung gegen Affenpocken für bestimmte Gruppen empfohlen. Doch es können Nebenwirkungen auftreten. (kas)