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AfD-Sachsen jetzt Verdachtsfall für den Verfassungsschutz

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Von: Katja Thorwarth

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Schon zu Beginn des Wahljahrs wittert die AfD wegen möglicher Briefwahlen Betrug. Derweil wird die AfD-Sachsen zum Verdachtsfall.

Update vom Dienstag, 02.02.2021, 09.00 Uhr: Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) in Sachsen führt die AfD nach Informationen der dpa nun als Verdachtsfall. Zunächst hatte die „Bild“ berichtet. Damit könnte die Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht werden, etwa durch Telefonüberwachung oder den Einsatz verdeckter Ermittler. Eine Bestätigung durch das Landesamt gab es nicht. Die Behörde hatte schon früher darauf verwiesen, dass ihr in diesem Punkt die Hände gebunden seien.

Öffentliche Kommunikation über die Einstufung der AfD in Sachsen nicht zulässig

Nach dem sächsischen Verfassungsschutzgesetz dürfen sowohl das Innenministerium als auch das LfV nur über erwiesene extremistische Bestrebungen unterrichten. Damit sei in Sachsen im Gegensatz zum Bund und einigen Bundesländern die öffentliche Kommunikation über Einstufungen zu Prüf- oder Verdachtsfällen von Gesetzes wegen nicht zulässig, hatte das Landesamt noch vergangene Woche erklärt. Die „Bild“-Zeitung hatte als Quelle „das Umfeld“ des LfV angegeben.

Eine Reaktion des AfD-Landesverbandes gab es zunächst nicht. Der AfD-Bundesvorsitzende und sächsische Bundestagsabgeordnete Tino Chrupalla sprach von einem „wahltaktischen Manöver“.

AfD macht auf Donald Trump – „Größter Wahlbetrug dieses Landes“

Erstmeldung: Berlin/Washington - Donald Trump ist als US-Präsident abgewählt. Seine Legende des Wahlbetrugs aufgrund der Briefwahl lebt jedoch weiter und ist bis in die Bundesrepublik geschwappt. Denn genau jene Legende scheint sich die AfD nun zum Vorbild zu nehmen und an ihrer eigenen zu stricken: Immerhin werden in Deutschland nicht nur der Bundestag, sondern auch sechs Landtage und drei Kommunen neu besetzt. Und dies in Zeiten, in denen die Umfragewerte der AfD nach unten zeigen und die Erzählung von der benachteiligten Partei nicht früh genug aufgebaut werden kann.

AfD-Politiker sehen in Briefwahl Möglichkieten der Manipulation

So äußerte sich etwa AfD-Bundessprecher Tino Chruppalla in der ARD-Sendung Kontraste, dass man bei der Briefwahl „generell Bedenken haben (kann), weil das natürlich das einfachste Einfallstor der Manipulation“ sei. Das ist schon einigermaßen Trump-Style, geht natürlich noch stärker. Der Bundessprecher und einst dem völkisch-nationalistischen „Flügel“ zugeordnete Stephan Brandner verweist auf die Briefwahlurnen, die „tagelang, wochenlang in den Rathäusern rumstehen“ - und keiner wisse, was damit passiert. Brandner erhob denn auch den Vorwurf, durch das Vorhaben würden demokratische Grundsätze in nie da gewesener Weise zur Disposition gestellt.

Robert Farle von der AfD Sachsen-Anhalt
Robert Farle von der AfD Sachsen-Anhalt sieht in der Corona-Pandemie einen Schwindel. © Klaus-Dietmar Gabbert

Weiter würden laut Kontraste in den sozialen Netzwerken „bezahlte“ Anzeigen geschaltet mit Inhalten wie beispielsweise: „Verpflichtende Briefwahl ist verfassungswidrig“. Damit ist die AfD ganz auf der Linie von Donald Trump, der den Menschen monatelang vom Wahlbetrug durch Briefwahl referiert hatte - getreu der Strategie, eine Lüge so lange zu wiederholen, bis sie auch geglaubt wird.

In Zeiten von Corona - reine Briefwahl teils erlaubt - AfD sieht darin den Super-Gau

Nun dürfe es naheliegen, dass in Zeiten einer Corona-Pandemie die Zusammenkunft vieler Menschen in einem Wahllokal keine gute Idee ist, weshalb besonders viele Wahlberechtigte zum Mittel der Briefwahl greifen dürfen. In Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz könnte im Falle eines steigenden Infektionsgeschehens auch komplett per Brief abgestimmt werden. Diesbezüglich war dort das Wahlgesetz geändert worden.

In Sachsen-Anhalt scheint das wohl der Super-Gau für die AfD, lauscht man ihren diesbezüglichen Verschwörungserzählungen und der verloren gegangenen Contenance: „Diese ganze Pandemie ist ein Schwindel, der aus völlig anderen Gründen verursacht wird, weil Sie, und das wollen Sie mit Ihrem Beschluss, einer pandemischen Gesundheitslage, weil Sie Briefwahl durchführen wollen, um den größten Wahlbetrug dieses Landes durchzuführen“, wusste der Parlamentarische Geschäftsführer Robert Farle laut tagesschau.de zu berichten. Später drückte er sich gemäßigter aus und wollte sich an seine Aussage zum „größten Wahlbetrug“ gar nicht mehr erinnern können.

Immerhin hat es Farle mit seiner Aussage zum Qualitätssiegel „Oranger Engel“ gebracht, man könnte auch sagen zum Donald-Trump-Gedächtsnis-Orden. Das ZDF Magazin Royale hatte ihn mit der Plakette bedacht mit dem Zusatz: „Die AfD, der deutsche Kleindealer für das geile Trump-Zeug! Trump ist passé und damit auch tägliche Verzweiflung, Lach- & Weinkrämpfe und Wut. Und Wut. Und Wut. Wer streichelt jetzt unser Aggressionspotential?“

Wissenschaftler sieht Briefwahl für AfD am schwierigsten

Dass es die AfD bei Briefwahlen tatsächlich schwerer hat, als andere Parteien, erklärt Politikwissenschaftler Jun von der Universität Trier. Demnach seien potenzielle AfD-Wähler weniger „Politik-interessiert“ und entschieden sich kurzfristiger, so der Wissenschaftler. Grundsätzlich machten an Politik besonders interessierte Menschen stärker vom Instrument der Briefwahl Gebrauch. Der SPD falle es häufig auch eher schwer, ihrer Wähler bei der Briefwahl zu mobilisieren. (Katja Thorwarth)

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