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Adrenalin und Sehnsucht

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Von: Boris Halva

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Ein Junggesellenabschied hält die bayerische Polizei auf Trab – und ein schmachtender Vietnamese will nach Indien paddeln

Wenn der Glaube Berge versetzt, dann wird die Liebe einen einzigen Mann doch sicher übers Meer tragen. Dachte sich wohl ein 37-Jähriger aus Ho-Chi-Minh-Stadt, den die „Bangkok Post“ wenig mitfühlend als „liebeskrank“ bezeichnete. Wie dieser Tage zu lesen war, wollte der Mann Anfang März zu seiner Liebsten reisen, die in Indien weilt, und die er aufgrund der pandemischen Lage nicht mehr gesehen hatte, seit die beiden vor zwei Jahren geheiratet hatten.

Er stieg in den Flieger nach Bangkok, strandete dort aber, weil er kein Visum für die Weiterreise nach Indien bekam. Also nahm er den Bus ins südthailändische Phuket, von wo aus ihn nur noch 2000 Kilometer Seeweg von Indien trennten. Mag sein, dass die Reisekasse da schon nicht mehr prall genug war, um einen Skipper samt seetauglichem Schiff zu heuern, jedenfalls kaufte sich der von der Sehnsucht wohl doch etwas leichtsinnig gewordene Gatte ein blau-gelbes Schlauchboot – und stach am 5. März in See.

Fischer entdeckten das Gummiboot etwa 14 Kilometer vor den Similan-Inseln in der Andamanensee und riefen Hilfe. Meerespark-Ranger fischten den Mann, der da schon 18 Tage unterwegs war, aus immer noch thailändischen Gewässern. An Bord hatte er „eine fast leere Trinkwasserflasche, einen Koffer und zehn Packungen Instantnudeln“. Und mindestens genauso viele Schutzengel. Wann er seine Frau wiedersehen kann, war noch unklar. Aber vermutlich wird die froh sein, dass ihr liebster Paddler wieder wohlbehalten auf dem Trockenen sitzt.

Ganz sicher nicht auf dem Trockenen saßen vier Freunde aus Neubiberg, als sie den Junggesellenabschied für den fünften im Bunde planten. Am Dienstag dann schritten sie zur Tat: Mit Sturmhauben vermummt sprangen sie am hellichten Tag aus dem Auto, zogen dem Bräutigam einen Sack über den Kopf, zerrten ihn ins Auto und fuhren los. Weil ein 80-Jähriger, der das beobachtet hatte, ja nicht wissen konnte, dass es sich um einen Spaß handelte, alarmierte er die Polizei, die sogleich Streifenwagen und einen Helikopter losschickte. Und auch das SEK schon mal vorwarnte. „Bei den Beamten war der Adrenalinspiegel in der Situation sehr hoch“, sagte ein Polizeisprecher, denn: „Eine mutmaßliche Entführung und Geiselnahme ist eine der schwierigsten Situationen.“

Das Auto wurde auf der Autobahn Richtung Flughafen München entdeckt und am Terminal gestoppt. Dort sei zwar schnell klar gewesen, dass es sich um einen Scherz handelte, es könnte aber ein teurer Spaß werden: Laut dpa prüft die Polizei, ob die Truppe für den Einsatz aufkommen muss. Von mehreren Tausend Euro ist die Rede, da kann man am Ballermann (da sind die fünf hingeflogen) eimerweise Sangria schlürfen. Andererseits: Manche zahlen deutlich mehr für deutlich weniger aufregende Hochzeiten. boris halva

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