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Abbamania: Alte Bilder neu belebt

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Von: Meike Kolodziejczyk

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Nein, sie sind es nicht. Aber fast: Kerstin Löcker als Anni-Frid (links) und Maria Kristina Nissen als Agnetha.
Nein, sie sind es nicht. Aber fast: Kerstin Löcker als Anni-Frid (links) und Maria Kristina Nissen als Agnetha. © Milan Schmalenbach

Live sind „Abba“ nur noch als Hologramm zu erleben. Eine deutsche Produktion bringt die großen Hits des Quartetts auf die Bühne – samt Katzen-Kostümen und 70er-Jahre-Gefühl.

Der Abend dämmert über der Frankfurter Skyline. Im schummerigen Licht der Hotelbar im 15. Stock scheint es fast, als sei die Zeit stehen geblieben, als seien sie es wirklich. Sie tragen die berühmten Kostüme mit den Tiermotiven, die der Modedesigner und Biologe Owe Sandström gestaltet hat: eine gelbe Katze für die rot-brünette Anni-Frid, eine blaue für die blonde Agnetha.

„Natürlich sind wir nicht Abba“, betonen Kerstin Löcker und Maria Kristina Nissen lächelnd. „Aber wir versuchen, ein Stück weit zu Abba zu werden.“ Und zwar in „ABBAMANIA The Show“, die diesen Monat auf Deutschland-Tour geht mit Stopps auch in Österreich und der Schweiz. Nach Angaben des Veranstalters Semmel Concerts Entertainment ist es „die größte Abba-Tribute-Show der Welt“. Schon mehr als zehn Jahre huldigt sie dem schwedischen Pop-Quartett und ermöglicht das, was nicht mehr möglich ist, seit selbiges Ende 1982 „eine Pause“ einlegte: Live-Momente mit den Songs, den Bühnenoutfits – die samt und sonders von Owe Sandström stammen – und der Anmutung von damals. Es ist nicht das Original, aber es ist nahe dran. Das jedenfalls ist der Anspruch.

Die Show ist kein Musical wie „Mamma Mia“ und kein Theaterstück. Es sei eher sowas wie ein opulent inszeniertes Cover-Konzert, eine Hommage an das Phänomen Abba, das fünf Jahrzehnte überflügelt hat – und heute so populär ist wie selten zuvor. „Wir wollen die Essenz von Abba auf die Bühne bringen“, formuliert es Hauke Wendt, Musikalischer Leiter der Produktion, „und ihre Konzerte in das Jahr 2023 transportieren“. Mit moderner Ton- und Lichttechnik, dazu Videos, große Band, ein großes Orchester. Und mit Darstellerinnen und Darstellern, die die zwei Paare Agnetha Fältskog und Björn Ulvaeus sowie Benny Andersson und Anni-Frid Lyngstad auf dem Gipfel ihres Erfolgs verkörpern.

„Abba sind ja 40 Jahre lang nicht gemeinsam in Erscheinung getreten“, sagt Wendt. „Es sind die Bilder aus den 70ern und 80ern, die sich in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt haben.“ Und diese Bilder sollen bedient werden. Abba selbst machen es im Prinzip genauso, seit sie 2021 „wieder aus der Versenkung aufgetaucht sind, mit neuem Album und neuer Show“. Allerdings mit altem, respektive mit altbekanntem, jungem Antlitz.

Das Comeback kam nach all der Zeit für viele überraschend. Doch am Erstaunlichsten ist wohl das Bühnenspektakel zu „Abba Voyage“: In der Show, die im Mai 2022 Premiere in London feierte und seitdem dort läuft, treten die vier Band-Mitglieder, die inzwischen alle Mitte 70 sind, nicht live auf, sondern als Hologramme – und so, wie sie mit Mitte 30 aussahen. Das Konzept gilt als bahnbrechend, der Begriff „Abbatare“ als gesetzt.

Zur Vorbereitung hat das „Abbamania“-Team die „Voyage“-Show in London besucht. „Ich war am Anfang super-skeptisch, weil ich eher ein Live-Experience-Typ bin“, sagt Maria Kristina Nissen. „Aber es hat mich schon abgeholt.“ Auch Kerstin Löcker hat es „richtig gut“ gefallen. Obwohl man an den Augen, der Mimik oder den starren Frisuren teilweise erkenne, „dass da keine echten Menschen auf der Bühne sind“, entstehe doch die Tiefe und das Gefühl eines Live-Konzerts.

Die Show

„ABBAMANIA The Show“ ist den Veranstaltern zufolge die „größte Abba-Tribute-Show der Welt“. Sie tourt von Mitte bis Ende April durch Deutschland mit Stopps auch in Wien und Zürich. Nach der Premiere am 14. April in Lingen gastiert das Ensemble am 15. April in der Frankfurter Festhalle. Es folgen weitere Auftritte etwa in Leipzig, Köln, München oder Berlin.

Tickets gibt es im Internet und an den bekannten Vorverkaufsstellen. myk

www.abbamania-the-show.de

Für „Abbamania“ habe es nahegelegen, „Voyage“ als Anlass zu nehmen für ein „Facelift“, sagt Hauke Wendt. Nach zwei Jahren Unterbrechung wegen Corona habe Abba dann auch noch „so viel neues Material geliefert“, dass es an der Zeit gewesen sei für den Entschluss: „Auch wir denken jetzt mal neu.“ Die Produktion war zwar bereits im Frühjahr 2022 wieder auf Tour, jedoch in der verspäteten Version von 2020.

Nun also rauscht und schillert alles runderneuert durch die Konzertsäle der Republik, zum ersten Mal mit der gebürtigen Österreicherin Kerstin Löcker als Anni-Frid und der Nordfriesin Maria Kristina Nissen als Agnetha. Die männliche Abba-Hälfte, die im Original auf der Bühne stets eher im Hintergrund wogte, dafür aber sämtliche Songs schrieb, tritt freilich ebenfalls auf. Doch auch in der Hommage überlassen die Herren den Damen die Show.

Die Sängerinnen kennen und mögen Abba seit ihrer Kindheit. Ob „Dancing Queen“, „SOS“, „Chiquitita“, „The Winner Takes It All“ oder oder oder: Abba habe so viele „tolle Songs“ herausgebracht, dass sie beide eigentlich kein Lieblingslied hätten. „Die Musik hat eine Zeitlosigkeit, die ihresgleichen sucht“, sagt Kerstin Löcker. Teenager könnten genauso etwas damit anfangen wie Fans, die Abba noch in ihrer Blütezeit erlebt haben, stimmt Hauke Wendt zu. „Abba ist heute ja irgendwie Konsens.“ Früher sei das jedoch anders gewesen. „Da waren sie gar nicht so populär, sondern sogar ziemlich kontrovers.“ Vor allem in ihrem Heimatland Schweden, für das sie 1974 mit „Waterloo“ den „Eurovision Song Contest“ gewannen. Sie hätten sich nicht um Trends geschert und einfach ihr Ding gemacht, allen Trennungen, Widrigkeiten und Kritiken zum Trotz.

Es sei unglaublich spannend, sich mit der Geschichte der Band und der zwei Paare auseinanderzusetzen und damit, wann und warum welche Stücke entstanden. „Das macht es noch spannender, die Songs zu interpretieren“, sagt Maria Kristina Nissen. Für Spannung und Authentizität sorgt überdies der Gitarrist Janne Schaffer, der etliche Tracks auf den Abba-Studioalben eingespielt hat. „Wir freuen uns sehr, dass er mit uns auf Tour geht“, sagt Hauke Wendt. „Er wird einen Platz in der Show bekommen, der seinem Status gerecht wird.“

Soviel muss aller Tadel ihnen lassen: Nur wenige Bands schaffen das, was Abba geschafft hat, nämlich so lange so erfolgreich und mit so vielen verschiedenen Songs präsent zu bleiben. „Ihr großes Geheimnis ist, dass sie einfach verdammt gute Musik machen“, erklärt es Wendt.

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