Wohnmobile werden zur Plage - Verbotsregeln müssen her

Urlaub in großen Campern boomt, dabei belasten die Wohnmobile das Klima erheblich. Ihr Gebrauch muss teurer werden. Ein Gastbeitrag.
Kassel – Neulich fuhr ich mit dem Rad in Kassel zur schönen Karlsaue, vor mir ein Wohnmobil, als Expeditionsfahrzeug bemalt, der Diesel rußte stark. Laut Aufklebern (auch gegen Atomkraft) hatte das Fahrzeug schon vom Nordkap bis Marokko die Umwelt belastet. Die Aussteigenden im Alternativlook erregten sich über meine Beschwerden, der Viertonner sei „unser zweites Wohnzimmer“, und man habe kein anderes Auto.
Diese „Wohnzimmer“ werden immer mehr, vom bemalten „Bulli“ längst zu „Homes“ der Wohlstandsalten, weiß, dick und groß. Nachdem bereits SUV mit hohen Gewicht über 2,5 Tonnen den Markt erobern, wird es nun noch schwerer: Wohnmobile mit einem Gewicht von vier Tonnen und mehr haben immens wachsende Marktanteile, der Absatz war 2020 und 2021 etwa doppelt so hoch wie noch 2019, im Januar gab es das beste Ergebnis für den Monat jemals: 18 Prozent Zuwachs.
Camping und Ersatz für Hotels in der Corona-Pandemie: Wohnmobile als billige Schlafstätte
Warum sind diese „Mobile“ so gefragt? Sie werden eben nicht nur - besonders in der Corona-Pandemie - zum Camping benutzt, sondern auch im Alltag, als Hotelersatz oder mal nur als mietkostenfreier Abstellraum zur anliegenden Wohnung. Parken am Straßenrand ist für Wohnmobile bis 7,5 Tonnen grundsätzlich erlaubt. Eine Übernachtung ist eigentlich verboten, aber bis zu zehn Stunden zur „Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit“ gestattet, und wo man wann nun „müde wird“, ist schwer von Dritten nachzuverfolgen. Simples Umstellen des „Mobile Home“ ermöglicht so mehrtägige Aufenthalte in Städten ohne Hotelkosten oder Campingplatz.
Ein Artikel, der Camping im Winter mit diesen Fahrzeugen als „steigenden Trend“ beschrieb, erschien Anfang März in dieser Zeitung, über die Belastung der Luft, unserer Gesundheit und des Klimas fehlten Angaben. Es ist sicher wunderbar, an den schönsten Plätzen mit dem besten Panoramablick billiger als im Luxushotel zu sein, aber wenn alle das machen, ist der Blick nur noch ein Bild mit Autos.
Der Autor
Helmut Holzapfel ist Verkehrswissenschaftler und leitet das Kasseler Zentrum für Mobilitätskultur.
Diese Fahrzeuge belasten auch den Straßenraum stark, sie parken manchmal dauerhaft, aufgrund der Breite oft unerlaubt auf dem Bürgersteig und bilden in manchen Gegenden eine Art „weiße Wand“ am Straßenrand. Wer zu Fuß queren will, ist am Rand quasi unsichtbar und gefährdet. Wer in die Fahrzeuge schauen kann, entdeckt die häufige Nutzung als Lager, als Zusatzzimmer für Besuch oder gar als PC-Arbeitsplatz in WLAN-Reichweite der Wohnung.
Diese überschweren Fahrzeuge (meist Diesel) werden häufig auch im Alltag gefahren, mit hoher Klimabelastung und Luftschadstoffemission. 50 000 Kilometer im Jahr sind keine Seltenheit. Die „Deutsche Umwelthilfe“ (DUH) sagt es: „Modelle der Hersteller Fiat-Chrysler (Fiat Ducato 130 Multijet Euro 6) und Volkswagen (VW T5 2.0 TDI California Euro 5) zeigen Überschreitungen der Grenzwerte für das gesundheitsschädliche Dieselabgas Stickoxid um das bis zu 19-fache.“
Wohnmobile und die Umweltbelastung: Wohnmobilisten nutzen Vorteile auf Kosten der Allgemeinheit
Dabei tragen die „Homes“ auch noch erheblich zur Zerstörung der Straßen bei, ein Fahrzeug mit vier Tonnen Gewicht belastet deren Oberbau um das 16-fache mehr als ein Zweitonner. Der Kauf eines Wohnmobiles bringt individuelle Vorteile, die die Nachfrage erklären, aber diese Vorteile gehen auf Kosten der Allgemeinheit, die den Raum und die Straßennutzung kostenfrei hergibt. Es handelt sich also in Wahrheit um ein zu unser aller Nachteil hoch subventioniertes Produkt, das viele „lieben“, auch weil es eben viel zu billig ist.
Obwohl der Autor dieser Zeilen sich den Zorn zahlreicher „Bulli-Fans“ und weiterer Mobile Homer zuziehen wird: Es geht nicht so weiter. Je mehr alle anderen durch diese Mobile, ob mobil oder parkend, belastet werden, umso dringlicher wird es, für die durch diese entstehenden, bisher kostenfrei ausgelösten Behinderungen und Schäden Preise zu erheben oder sie durch Verbote zu stoppen. In fast jeder Straße stehen sie herum, drei oder vier „Mobile“. Wenn nichts geschieht, werden es bald zehn und mehr, die weiße Wand an der Straße überall.
Wohnmobile und Spritverbrauch: Verbotsregeln gegen Wohnmobile müssen her
Ein Übernachtungsverbot in Wohnmobilen in geschlossenen Ortschaften ist überfällig, feste Stellplätze für Camper existieren überall, und dort werden angemessene Gebühren erhoben, statt den kostenfreien Gebrauch öffentlichen Raumes zu dulden. Einen Zusatzraum zur Wohnung kann es ebenfalls nicht umsonst geben, ein generelles Parkverbot für Mobilcamper über eine Dauer von zwei Stunden hinaus ist innerorts sinnvoll. Wer so etwas kauft, muss eben einen Abstellplatz außerhalb oder auf Privatgelände anmieten.
Das sind erste Schritte, um die Konjunktur eines rohstoffintensiv produzierten Produktes auf wirkliche Feriennutzung zu beschränken. Und: Es gibt Verleihfirmen. Dass dicke Autos mit hohem Spritverbrauch nicht nur enorm dem Klima schaden, sondern auch politische Abhängigkeiten erzeugen, wird gerade wieder klar. Wohnmobile sind dicke Autos. (Helmut Holzapfel)
Auch in Frankfurt gab es bereits Beschwerden über Wohnmobile.