Urteil überrascht

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs verwundert, weil viele Juristinnen und Juristen den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig halten. Der Kommentar.
Obwohl „die überwiegenden Stimmen im juristischen Schrifttum“ den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig halten – wie der Bundesfinanzhof selbst einräumt – haben die obersten Finanzrichter anders entschieden. Das Urteil verwundert, schließlich wird mit einer fast 30 Jahre laufenden Ergänzungsabgabe die im Grundgesetz verankerte Finanzverfassung praktisch ausgehebelt. Der Bund hat sich bei der Einkommensbesteuerung eine Art zweite Säule geschaffen, deren Einnahmen ihm allein zustehen und über die er ohne Beteiligung des Bundesrats auch allein bestimmen kann. Ob der Soli tatsächlich noch mit dem Grundgesetz vereinbar ist, muss nun das Bundesverfassungsgericht klären.
Für Christian Lindner als Chef der Steuersenkungspartei FDP ist das Urteil ein Rückschlag. Als Bundesfinanzminister kann er sich hingegen freuen. Hätte er jetzt auf die jährlichen Soli-Einnahmen von gut zehn Milliarden Euro verzichten und die seit 2021 zu Unrecht kassierte Steuer zurückzahlen müssen, wäre die von ihm so hoch gehaltene Einhaltung der Schuldenbremse erledigt gewesen.