Schuldenunion

Die "Union" ihres positiven Klangs zu berauben, ist einfach: Man koppelt sie einfach mit den in Deutschland so verhassten Schulden.
Man merkte es Andreas Scheuer richtig an: Den Spruch hat er drauf. „Wir wollen als CSU keine Schuldenunion“, spulte es die innere Phrasenmaschine aus dem Generalsekretär heraus, wie seit Jahren tausend Mal geübt. Das war am Donnerstag während der schwarz-gelb-grünen Sondierungsgespräche, und die Deutsche Presse-Agentur erklärte: „Mit Schuldenunion ist die Vergemeinschaftung von Schulden der EU-Staaten gemeint.“
Ja, das ist sie. Aber klar ist, dass ein Kampfbegriff wie „Schuldenunion“ für einen wie Scheuer unschätzbare Vorzüge genießt. Er ist kurz und knackig und vor allem: Er trägt mehr oder weniger unauffällig zur Entwertung des europäischen Gedankens bei.
So eine Union ist im Grunde etwas Positives. Was Europa betrifft, drückt sich das zum Beispiel in der Rede von der „Werteunion“ aus. Da ist man sich über etwas einig, man teilt aus Überzeugung und/oder Solidarität, man wächst zusammen. Der Kunstgriff besteht nun darin, die „Union“ ihres positiven Klangs zu berauben, indem man sie mit einem Negativbegriff koppelt. Und da eignet sich kaum etwas besser als die in Deutschland so verhassten Schulden.
So lässt sich die „Schuldenunion“ gleich zweifach als politisches Schlagwerkzeug verwenden. Erstens gegen Merkel und Co., die über Instrumente wie den „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ eine Vergemeinschaftung von Verbindlichkeiten betreiben, um das derzeitige Euro-System zu retten. Daneben richtet sich die „Schuldenunion“ gegen die, die weder Merkels „Weiter so“ noch Scheuers nationalen Egoismus teilen. Sie denken an eine Art „Solidarunion“: an ein System, in dem sich die Euro-Partner gegenseitig unterstützen, um Unterschiede in der Leistungskraft der Volkswirtschaften auszugleichen. Das könnte durch eine Art Länderfinanzausgleich geschehen – oder durch die gemeinschaftliche Aufnahme von Krediten, etwa für dringliche Investitionen. Das wollen Scheuer und Co. verhindern, weil sie Europa durch ihre nationale Brille kaum noch sehen. Genau deshalb gehört die „Schuldenunion“ – ins Phrasenschwein.