„Miss Homophobia“ gibt ihr Bestes

Die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer gibt Intersexuelle aus ihrer Herrschaftsposition heraus dem Gespött preis. Ein Kommentar.
Die erst kürzlich zur CDU-Vorsitzenden gekürte Annegret Kramp-Karrenbauer hat aus ihrer Homophobie noch nie einen Hehl gemacht. Bereits 2015 outete sie sich als erklärte Gegnerin der Ehe für alle, da die Eheöffnung potentiell „…andere Forderungen,…, etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen“ nach sich ziehen könnte.
Das ist homophober Populismus vom Feinsten, den sie im Dezember letzten Jahres bei „Maybrit Illner“ unterstrich. Dass sie die Ehe homosexueller Menschen in die Nähe von Inzucht und Polygamie automatisiert, scheint ihre Anhänger innerhalb der Union nicht weiter tangiert zu haben. Immerhin gilt die „Miss Homophobia 2018“, ein Titel, den ihr Teilnehmer*innen einer Online-Abstimmung verliehen haben, demnächst als mächtigste Frau Deutschlands. Als solche meinte sie, in der Bütt ordentlich einen raushauen zu können.
AKK missversteht Sinn einer Büttenrede
Vor dem „Stockacher Narrengericht“ hatte sie mit rotem Baskenkäppchen ihre allseits bekannte Gesinnung mit einem weiteren Spin versehen und die Närr*innen zum Grölen gebracht.
„Und dann, das ist ja wohl der Gipfel, wird uns Frauen vorgeworfen, selbst ist die Frau. Ja natürlich ist die Frau selbst, weil sie es sein muss. Guckt euch doch mal die Männer von heute an. Wer war denn von euch vor kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das Dritte Geschlecht einführen. Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür dazwischen ist die Toilette.“
Tätä tätä tätä – ihr Publikum lachte sich schlapp. Das ist der Humor, der in der „irresten Zeit des Jahres“ in der ein oder anderen Schunkelhalle besonders gut ankommt, wobei Kramp-Karrenbauer hier den Kern der traditionellen Büttenrede gründlich missverstanden hat. Die war stets dafür gedacht, die Herrschenden ungestraft zu kritisieren. Die CDU-Vorsitzende kehrt das Szenario um, indem sie sich über Intersexuelle lustig macht und somit über Menschen, die teils unter täglicher Diskriminierung zu leiden haben. Es ist nichts anderes als ein billiger Witz einer Herrschenden über eine gesellschaftliche Minderheit, die sich durch die „Dritten Option“ ihre Sichtbarmachung erkämpfte.
Diskriminierung Intersexueller und Antifeminismus
Es geht eben nicht darum, dass an Fasching auch schlechte Witze erlaubt sein müssen, und schon gar nicht geht es um Satire, die bekanntlich alles dürfe. Hier geht es um eine Politikerin, die mit den angenommenen Ressentiments ihrer Zuhörer*innen kalkuliert und knallharte reaktionäre Parteipolitik auf einer Narrensitzung betreibt. Mal ganz abgesehen davon, dass sie die Identität der Frau nicht ihr selbst überlässt („selbst ist die Frau, weil sie es sein muss“), sondern an AKKs ureigenes Bild der „Männer von heute“ koppelt. Viel mehr Mief geht eigentlich nicht.
Julia Klöckner springt AKK bei
Das sieht Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner anders: Über Männer würden Witze gemacht, über Frauen würden Witze gemacht. „Wer keine Witze übers dritte Geschlecht macht, weil es um das dritte Geschlecht geht, diskriminiert es.“ Klöckner ist Trägerin des „Ordens wider den tierischen Ernst“, gleichsam „Botschafterin des Bieres“ und hat aus ihrer Ministerinnenperspektive wohl gut lachen, aber halt leider nichts verstanden. Männer sind nämlich keine gesellschaftliche Minderheit, Frauen übrigens auch nicht. Menschen aus einer Herrschaftsposition heraus dem Gespött preiszugeben, die teilweise als Kind zwangsoperiert wurden, ist Diskriminierung und kein Witz.
Der Blogger Johannes Kram hatte als erster den Vorfall auf Facebook öffentlich gemacht und später im „Bildblog.“ ein mediales Versagen angeprangert: „Ist es egal, was die mögliche nächste Kanzlerin für ein Menschenbild hat? Ist es egal, dass sich immer mehr abzeichnet, wie sehr ihre Verächtlichmachung anderer immer mehr zum System wird?“ Kramp-Karrenbauer hat einmal mehr ihre politische Agenda offenbart, die ein gesellschaftliches Rollback mit einpreist, was unbedingt ernst genommen werden muss. Applaus bekommt sie denn auch von der AfD, und den hat sie sich redlich verdient.