In dieser sozialen Unausgewogenheit zeigen sich Parallelen zur deutschen Rente mit 67. In der Bereitschaft zum Widerstand allerdings liegt die französische Protestkultur weit vorn. Das ist beneidenswert – vorausgesetzt, die Leute fallen nicht auf die national-soziale Scheinalternative der extremen Rechten herein.
Ich möchte mich heute für die zahlreichen Zuschriften – zustimmende wie kritische – bedanken, die ich zu meinem Text „Keine simplen Gleichungen“ bekommen habe. Darin hatte ich vor zwei Wochen versucht, der Debatte über den Ukraine-Krieg eine mögliche Position jenseits moralischer Monopolansprüche auf dieser oder jener Seite gegenüberzustellen. Sowohl diejenigen, die Verhandlungen skeptischer gegenüberstehen als ich, als auch diejenigen, die die Waffenlieferungen negativer beurteilen, haben sich durchweg sachlich und freundlich geäußert, danke auch dafür! Leider schaffe ich es nicht, allen persönlich zu antworten.
Wenigstens auf einen Aspekt gehe ich kurz ein. Einige Zuschriften, etwa von Joachim Reinhardt und Peter Stark, schildern noch einmal kritisch die Politik „des Westens“, besonders der Nato, vor dem russischen Einmarsch. Auch ich plädiere dafür (und habe das auch in meinem Text getan), diesen Aspekt der Vorgeschichte nicht auszublenden. Aber der Grat, jenseits dessen das Ganze in eine Verharmlosung des russischen Angriffs ausartet, ist aus meiner Sicht sehr schmal.
Lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass der Krieg und der damit notwendige Fokus auf die russischen Verbrechen bald endet. Dann hielte ich es eher für legitim, auch die westliche Seite stärker in die historische Aufarbeitung einzubeziehen.