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AKK und die Schutzzone: Mehr Fragen als Antworten

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Von: Andreas Schwarzkopf

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Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer will eine Sonderschutzzone.
Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer will eine Sonderschutzzone. © picture alliance/Michael Kappeler

Der unausgegorene Vorschlag von Ministerin Kramp-Karrenbauer muss dramatisch erweitert werden. Nur dann werden die Europäer in Syrien etwas bewirken. Der Leitartikel.

Grundsätzlich spricht nichts gegen eine Initiative, mit der der Krieg in Syrien befriedet werden könnte, damit die Menschen in Syrien zur Ruhe kommen und womöglich die Flüchtlinge heimkehren können. Es hätte auch niemand etwas dagegen, wenn die Terrormiliz des selbst ernannten Islamischen Staats weiter bekämpft werden würde. Doch nichts davon wird Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer erreichen.

AKK hätte sich in Sachen Syrien mit der SPD absprechen müssen

Dafür hätte Kramp-Karrenbauer ihren Vorstoß für eine Schutzzone in Nordsyrien unter anderem mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner absprechen und bei potenziellen Verbündeten wie Frankreich und Großbritannien schon mal vorfühlen müssen, zu welchen Schritten diese bereit sein könnten. Dafür reicht es nicht, sie lediglich zu informieren. Und sie hätte in ihren Interviews schon mal einige der zahlreichen Probleme thematisieren müssen, die sie vorgibt lösen zu wollen. Dann wäre sie glaubwürdiger.

So entsteht vor allem der Eindruck, die Ministerin und Parteichefin will sich und die CDU profilieren. Damit provoziert sie hässliche Fragen. Will sie die ohnehin schwierige Arbeit der großen Koalition weiter belasten oder gar entzweien, um Neuwahlen zu erwirken? Geht es ihr also gar nicht um den Krieg in Syrien und die Menschen dort?

Vorschlag von AKK zu Syrien schlecht vorbereitet

Überhaupt wirft ihr Vorschlag mehr Fragen auf, als er beantwortet. Mit wem möchte sie die Schutzzone in Nordsyrien erreichen? Mit den EU-Partnern oder den Nato-Verbündeten? Mit oder gegen die Siegermächte Syrien, Iran und Russland? Will sie die Invasion der Türken politisch oder militärisch stoppen? Ein kluger Vorstoß muss und kann zwar nicht schon alle Antworten enthalten. Er sollte aber nicht verwirren und erwartbaren Widerstand ausschließen, damit alle die Probleme bearbeiten und nicht für überflüssige Nebengeräusche sorgen.

Nordsyrien: Die letzten Assyrer in Nordsyrien befürchten eine Vertreibung durch die Türkei.

Dennoch könnte der falsch und schlecht vorbereitete Vorschlag noch etwas Richtiges bewirken. Groß sind die Chancen zwar nicht, den syrischen Bürgerkrieg mit den zahlreichen internationalen Akteuren zu befrieden, doch ausgeschlossen ist es genauso wenig.

Strategie zu Syrien muss mehr sein als Pakt zur Abwehr von Flüchtlingen

Dafür müssten Deutschland und die anderen EU-Mitglieder allerdings bereit sein, ihr Engagement in der Region deutlich zu erweitern. Sie müssten endlich eine Strategie erarbeiten, die sich nicht darauf beschränkt mit einem EU-Türkei-Pakt Flüchtlinge von Europa fernzuhalten oder mit Aufklärungsflugzeugen ein paar Fotos zu liefern, ein paar Soldaten auszubilden oder ein paar Projekte für Flüchtlinge in den syrischen Nachbarstaaten zu bezahlen

Die Bundesregierung müsste mit ihren Verbündeten nicht weniger als einen ehrgeizigen Friedensplan erarbeiten wollen. Das können sie selbstverständlich nicht alleine. Sie müssten dieses Ziel mit den Kriegsparteien Syrien, Iran und Russland sowie Türkei gemeinsam erreichen. Mit anderen Worten: Sie müssten den Rückzug des US-geführten Westens aus dem Konflikt rückgängig machen. Deutschland und die anderen EU-Mitglieder müssten also die bequeme Zuschauerrolle verlassen und Akteure werden.

Europa muss sich in Syrien einmischen

Das ist alles andere als einfach. Doch die Europäer sollten die Nachkriegsordnung mitgestalten. Dann könnte die Region stabilisiert werden. Dieses Problem kommt ohnehin auf Deutschland und die anderen EU-Mitglieder zu, wenn es um den kostspieligen Aufbau des Landes geht. Dem syrische Diktator Baschar al-Assad und seine Verbündeten fehlen dafür jedenfalls die Mittel.

Nur wenn sich die Europäer einmischen, können sie auch mitbestimmen – etwa, was mit den einst verbündeten Kurden in Syrien wird, wie die Rückkehr der Millionen Flüchtlinge in das zerstörte Land organisiert wird oder was mit Assad geschieht. Hält sich Europa raus, werden der russische Präsident Wladimir Putin und der türkische Kollege Recep Tayyip Erdogan das Geschehen bestimmen. Und wohin das geführt hat, weiß inzwischen jeder.

Womöglich ließe sich auf diesem Wege sogar US-Präsident Donald Trump dazu bewegen, sich wieder zu engagieren. Er könnte so seinen Kritikern zeigen, dass er den Europäern die Führungsrolle des Westens übergeben hat. Doch dafür müsste Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Europäer hinter sich vereinigen.  

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