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Putin als Verlierer? Was der Nato-Beitritt Finnlands für den Ukraine-Krieg bedeutet

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Von: Andreas Schwarzkopf

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Im Hof des Außenministeriums in Helsinki flattern einträchtig Nato- und Finnlandfahnen.
Im Hof des Außenministeriums in Helsinki flattern einträchtig Nato- und Finnlandfahnen. © Antti Hämäläinen/Imago

Vor allem Menschen in Skandinavien und im Baltikum begrüßen die Nato-Aufnahme Finnlands. Für Wladimir Putin ist es hingegen eine schlechte Nachricht. Der Leitartikel.

Brüssel – Mit der Aufnahme Finnlands in die Nato ist die Norderweiterung vorerst unvollständig, weil Schweden noch auf das Ja aus der Türkei und aus Ungarn warten muss. Das schwächt aber kaum das Signal der Stärke des Verteidigungsbündnisses. Das eben nicht Hirntod ist, sondern auf Bedrohungen reagieren wie auf den russischen Überfall auf die Ukraine.

Gewinner ist die skandinavische und baltische Bevölkerung, die sich nun sicherer fühlt. Verlierer ist nicht nur die Entspannungspolitik und die Idee einer friedlichen Koexistenz, sondern vor allem der russische Autokrat Wladimir Putin. Denn die europäischen Staaten und die USA sind nach der russischen Invasion des Nachbarn Ukraine zusammengerückt und durch die Erweiterung an Russland herangerückt, was Putin verhindern wollte.

Finnland wird Nato-Mitglied – warum das für Putin eine schlechte Nachricht ist

Genauso schwer wiegt, dass Putin durch die völkerrechtswidrige Aggression nicht nur ein gedeihliches Miteinander hat, sondern auch eine politische Haltung beendet hat, die Moskau eher zugewandt war. Vor allem Deutschland hat russische Interessen oft berücksichtigt und die von Verbündeten mittel- und osteuropäischen Ländern manchmal vernachlässigt. Die Pipeline Nordstream 2 hat Berlin und Moskau genutzt, nicht aber Kiew und Warschau.

Stattdessen werden nun die Interessen der mittel- und osteuropäischen Staaten in Nato und EU etwa von Deutschland und Frankreich noch ernster genommen als vor dem Krieg. Damit verschwindet zunehmend der Gedanke, der Westen müsste Rücksicht auf russische Sicherheitsinteressen nehmen.

Das erschwert zwar mögliche und nötige Gespräche zwischen westlichen Staaten und Russland. Doch werden diese ohnehin über ein nötiges Minimum hinaus erst sinnvoll, wenn Moskau Putins imperialen Zielen abschwört. Solange der Herrscher im Kreml darauf besteht, dass die Ukraine und andere Nachbarstaaten zu Russland gehören, solange bleiben leider ernsthafte Friedensgespräche genauso fern wie eine Annäherung zwischen europäischen Staaten und Russland. Es wird jedenfalls leider länger dauern, als sich viele wünschen.

Ukraine will Nato-Mitglied werden – doch es gibt Probleme

Ähnlich lange wird die Ukraine wohl darauf warten müssen, um in die Nato aufgenommen zu werden. Die Nato will schließlich keine Kriegspartei werden, was eine Aufnahme Kiews aber zwangsläufig zur Folge hätte, weil nach Artikel 5 der Allianz ein Angriff auf einen Verbündeten als Angriff auf alle Bündnispartner betrachtet wird.

Aus ganz anderen Gründen dürfte auch die versprochene Aufnahme der Ukraine in die EU länger dauern als viele sagen. Doch viel entscheidender für Kiew ist neben den politischen Perspektiven ohnehin, dass die westlichen Verbündeten das geschundene Land ökonomisch und militärisch mit allem unterstützen, was gebraucht wird.

Zwei-Prozent-Ziel soll verschärft werden

Ungemach droht der Nato aus anderer Richtung. Beim kommenden Gipfel im Sommer soll das lange umstrittene Zwei-Prozent-Ziel verschärft oder gar erhöht werden. Das wird zumindest für Deutschland schwierig. Denn der bisherige Verteidigungshaushalt müsste von jährlich rund 50 Milliarden Euro auf etwa 75 Milliarden anwachsen.

Die Ampelkoalition rechnet zwar das Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden auf den Wehretat, sodass Deutschland die nächsten zwei, drei Jahre das Nato-Ziel gerade so erreicht. Doch danach wird es nicht leicht bei einem durch Kosten für Corona und Energiekrise angespannten Haushalt so viele zusätzliche Milliarden für die Bundeswehr zu organisieren. Zumal auch andere Bereiche wie Klimaschutz und deren sozial verträgliche Umsetzung, Bildung oder die Förderung von Kindern, um nur einige zu nennen, noch zusätzliche Mittel benötigen. (Andreas Schwarzkopf)

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