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Leitartikel
Entwurf für den Etat 2021 – Die Bundesregierung hat viele Ideen aber keinen Plan
- vonStephan Hebelschließen
Im Etat für 2021 spiegelt sich das Manko der großen Koalition: Konzepte für die Zukunft hat sie so gut wie nicht. Der Leitartikel.
Der Haushalt eines Staates ist der Rechenschaftsbericht der Regierenden an die Bürgerinnen und Bürger. Er sagt aus, was mit dem Geld geschehen soll, das wir der öffentlichen Hand anvertrauen (müssen). Er benennt die wichtigsten Dinge, die die Regierung tun will, um uns unsere Steuern in Form staatlicher Leistungen zurückzugeben.
Was also sagt uns der Entwurf für den Etat des Jahres 2021, den die Mehrheit des parlamentarischen Haushaltsausschusses in der Nacht zum Freitag in die vorerst abschließende Form gebracht hat, über die Qualitäten der Bundesregierung sowie der Mehrheit aus CDU/CSU und SPD? Kurz zusammengefasst: Sie haben eine Menge Ideen, aber einen Plan haben sie nicht.
Etat 2021: Trotz Pandemie muss die Bundesregierung besser planen
Es ist sicher nicht einfach, mitten in einer Krise wie dieser Pandemie den Laden am Laufen zu halten. Die Hilfe für in den Stillstand gezwungene Wirtschaftszweige – Unternehmen wie Beschäftigte –, das immer neue Abwägen zwischen Infektionsschutz und persönlichen Freiheiten, das Organisieren von Masken und Intensivbetten und bald auch Impfungen, das alles ist schwer. Aber bei allem Verständnis: Es reicht noch lange nicht.
Natürlich lässt sich einwenden, es sei jetzt nicht die Zeit für große Zukunftsentwürfe. Aber selbst wer das akzeptieren und die Etatplanung für 2021 nur unter dem Aspekt der akuten Krise betrachten würde, könnte dagegenhalten: Hätten die Regierenden mehr Zukunft im Kopf, dann sähe es auch mit der Bewältigung der Gegenwart besser aus.
Entwurf für den Etat 2021: Die Bundesregierung sollte in Krisenbekämpfung investieren
Trotz mancher Korrekturen vernachlässigt der Haushalt das notwendige Umsteuern in zentralen Feldern wie Klimaschutz, Verteilungsgerechtigkeit und internationaler Sicherheit. Gerade jetzt, da manches neu aufgebaut werden muss, hätte es klarer Richtungsangaben bedurft für eine ökologische, soziale und friedenspolitische Tagesordnung der Zukunft. Dieser Bedarf spiegelt sich weder in der kurzfristigen Krisenbekämpfung noch in den langfristigen Linien.
Dass Staatshilfen wie diejenige für Tui und Lufthansa eben nicht an ein ökologisches Umsteuern gekoppelt werden; dass die Bezieherinnen und Bezieher von Transferleistungen oder Niedriglöhnen mit den Pandemielasten oft alleingelassen werden (woran eine absolut unzureichende Erhöhung des Hartz-IV-Satzes nichts ändert); dass die Militärausgaben trotz Krise weiter steigen – all das wird auch jetzt wieder beklagt von Oppositionsparteien und Verbänden. Aber die Wende blieb aus.
Etat 2021: Massive Kürzungen aufgrund der hohen Verschuldung der Bundesregierung?
Nun ist es nicht so, dass die Regierenden gar nichts vorweisen könnten. Dass zum Beispiel der Grundfreibetrag bei der Steuer und das Kindergeld erhöht werden, ist aus der Gerechtigkeitsperspektive zu begrüßen. Aber an der schiefen Architektur der großkoalitionären Politik ändert das im Grundsatz nichts.
Den besten Beleg dafür bildet der grundsätzliche Umgang der Regierung mit dem Thema Geld und Schulden. Er passt so ganz und gar nicht zu den sozialökologischen Notwendigkeiten der kommenden Jahre.
Sicher fragen sich viele Menschen im Land, wo das Ganze noch enden soll, wenn sich der Staat so massiv verschuldet. Fällt das bald in Form massiver Kürzungen auf uns zurück, vor allem im sozialen Bereich?
Entwurf für den Etat 2021: Die Bundesregierung muss mit Steuer-Tabu brechen
Die Sorge ist berechtigt. Aber warum wird nicht einmal jetzt, da die Notwendigkeit von Mehrausgaben auf der Hand liegt, auch über die Einnahmeseite der Haushaltspolitik gesprochen?
Wenn Olaf Scholz im Jahr 2022 die Schuldenbremse wieder einhalten will, hat er – sofern noch in der Regierung – zwei Möglichkeiten: Entweder er spart den Staat noch ärmer und unterlässt weiterhin dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur etwa bei Energie, Wohnungsbau, Bildung und Gesundheit. Oder er bricht endlich das wichtigste Tabu der Unionsparteien: keine Steuererhöhungen!
Es kann nicht oft genug gesagt werden: Die höchsten Einkommen und die größten Vermögen sind seit vielen Jahren überproportional gewachsen. Staatliche Haushalte zu konzipieren, hieße eigentlich auch, das Notwendige nicht an der aktuellen Kassenlage zu messen, sondern denen mehr abzuverlangen, die vom Funktionieren des Staates am meisten profitieren. Nichts davon bildet der Bundeshaushalt ab – auch nicht im Jahr 2021. (Stephan Hebel)