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Versprechen reichen nicht: Die Ampel-Parteien lassen viele Fragen offen

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Von: Andreas Schwarzkopf

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Eine Ampel vor der Kuppel des Reichstagsgebäudes leuchtet in einer Langzeitbelichtung in allen drei Phasen.
Eine Ampel vor der Kuppel des Reichstagsgebäudes leuchtet in einer Langzeitbelichtung in allen drei Phasen. © Christoph Soeder/dpa

Vor der Ampel-Koalition muss geklärt werden, wie eine sozial gerechte, digitale und klimaneutrale Transformation der Gesellschaft finanziert werden soll. Ein Kommentar.

Wenn die Ampel in den kommenden vier Jahren hält, was die Sondiererinnen und Sondierer versprochen haben, dann könnten SPD, Grüne und FDP mit der „Zäsur in der politischen Kultur Deutschlands“ das wohl „größte industrielle Modernisierungsprojekt der vergangenen 100 Jahre“ schaffen. Verlassen sollte man sich darauf allerdings nicht.

Denn noch haben sie nicht verraten, wie sie eine sozial gerechte, digitale und klimaneutrale Transformation der Gesellschaft finanzieren wollen. Gewerkschaft und Unternehmen haben in seltener Einigkeit die aus ihrer Sicht dafür nötige Summe von 500 Milliarden Euro bis 2030 schon mal genannt. Das sind rund 50 zusätzliche Milliarden jährlich. Ob dafür der „fiskalische Spielraum für das, was notwendig ist“, reicht, ist mehr als fraglich.

Fehlende Pläne zur Außenpolitik: Welche Regierungspositionen plant die Ampel-Koalition?

Wenn aber eine Reichensteuer nicht geplant ist und damit keine zusätzlichen Mittel eingenommen werden können und zusätzlich die Schuldenbremse schon bald eingehalten werden soll, dann muss innerhalb des Budgets des Bundes umgeschichtet werden. Dafür ist der Spielraum nach den Investitionen zur Eindämmung der Folgen der Corona-Krise aber nicht sonderlich groß. Und die Mittel im Sozialhaushalt werden benötigt, um den Umbau sozial gerecht zu gestalten, wenn sie überhaupt reichen.

Beunruhigend ist auch, dass die Ampel-Verhandlerinnen und -Verhandler bislang noch nichts zu Herausforderungen wie der Außen- und Verteidigungspolitik gesagt haben, obwohl sie sich doch sonst so gerne zur Europapolitik und zum Multilateralismus bekennen. Wie will sich Rot-Grün-Gelb den Fliehkräften innerhalb der Europäischen Union entgegenstellen? In Polen haben immerhin viele Menschen erstmals für den Verbleib in der Union demonstriert.

Sondierungsgespräche einer möglichen Ampel-Koalition: Leerstellen sind zu füllen

Und leider war auch noch kein Ton von ihnen zu hören zu den angespannten transatlantischen Beziehungen. Denn obwohl die Regierung unter US-Präsident Joe Biden ankündigte, das Verhältnis zwischen den USA und der EU zu verbessern, hat der einseitig beschlossene Abzug aus Afghanistan und das auf Betreiben von Washington geplatzte Geschäft mit U-Booten zwischen Frankreich und Australien das Verhältnis schwer belastet. Unerwähnt ist auch, wie die künftige Bundesregierung das Verhältnis zu China künftig gestalten will.

Schon klar, Sondierungsgespräche sind keine Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag. Aber in einer globalisierten Welt, in der Deutschland so sehr auf eine funktionierende EU und ein tragfähiges transatlantisches Verhältnis angewiesen ist, all das nicht einmal zu erwähnen, wirkt mindestens nachlässig.

Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Dafür müssen in den kommenden Tagen die rot-grün-gelben Parteien und zusätzlich Akteur:innen der Zivilgesellschaft dazu beitragen, die Leerstellen zu füllen. (Andreas Schwarzkopf)

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