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Norbert Walter-Borjans tritt ab und sendet klare Botschaft an die SPD

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Von: Stephan Hebel

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Norbert Walter-Borjans zieht sich von der SPD-Spitze zurück. Und er hinterlässt der Partei ein deutliches Signal, was die Nachfolge betrifft. Ein Kommentar.

Es gibt nicht allzu viele Menschen in der Politik, die aufhören können. Wobei „können“ gleich zweierlei bedeutet: erstens die innere Größe, sich von den Reizen und Privilegien der Macht zu verabschieden; und zweitens die geschenkte Chance des richtigen Augenblicks.

Für Norbert Walter-Borjans trifft offensichtlich beides zu. Selbst Ältere werden sich nicht an einen Moment erinnern können, in dem jemand die SPD-Spitze vollkommen freiwillig und noch dazu nach einem Wahlsieg verlassen hätte. Deshalb: Glückwunsch an „Nowabo“ zur selbstgewählten Rente mit 69. Er hat sie sich verdient.

Norbert Walter-Borjans (SPD) spricht zu den Mitgliedern und Demonstranten der IG Metall zwischen Reichstag und Paul-Löbe Haus.
Norbert Walter-Borjans (SPD) hinterlässt der Partei auch ein deutliches Signal, was die Nachfolge betrifft. © Annette Riedl/dpa

SPD: Norbert Walter-Borjans zieht sich zurück

Womit, ist allerdings umstritten. Die einen werden es als größtes Verdienst des Spitzenduos mit Saskia Esken ansehen, dass die beiden Olaf Scholz in Sachen Kanzlerkandidatur den Weg geebnet haben. Das sind vor allem diejenigen in Politik und Medien, die den mittigen, fast merkeligen Kurs des künftigen Kanzlers für das Nonplusultra halten.

Das Ganze lässt sich allerdings auch anders betrachten: Dass Esken und Walter-Borjans 2019 das Rennen um den Parteivorsitz gegen Scholz und Klara Geywitz gewonnen haben, könnte nicht trotz, sondern wegen ihrer etwas linkeren Ausrichtung ein Glücksfall gewesen sein. Sie haben die Partei programmatisch immerhin so weit wieder profiliert, dass sie die Wunde „Hartz IV“ zumindest ganz gut pflastern konnte.

Norbert Walter-Borjans spricht Warnung an SPD aus

Das sieht wohl auch Walter-Borjans so. Sonst würde er nicht zum Abschied in aller Deutlichkeit davor warnen, ein Regierungsmitglied an die SPD-Spitze zu wählen. Dem scheidenden Chef ist klar, dass ein „durchregierender“ Scholz ohne ernsthafte Gegengewichte in Partei und Fraktion die Sozialdemokratie in Richtung „Schröder 2.0“ manövrieren könnte, zumal mit einer Koalitionspartnerin namens FDP. Das gäbe zwar viel Applaus bei denjenigen, die Esken, Kühnert und Co. schon lange als knallrote Teufel an die Wand malen. Aber die neue Statik der SPD wäre dahin. Und auf einem Bein stehen selbst Wahlsieger schlecht. (Stephan Hebel)

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