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Polizei prügelt ungestraft

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Von: Pitt v. Bebenburg

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Betroffene von Polizeigewalt haben laut einer aktuellen Studie „kaum eine Chance“. Foto: iStock.
Betroffene von Polizeigewalt haben laut einer aktuellen Studie „kaum eine Chance“. © Getty Images

Korpsgeist und eine Justiz, die Opfern nicht glaubt: Übermäßige Gewalt muss endlich konsequent geahndet werden. Der Kommentar.

Die Polizei hat ein Vertrauensproblem, und das hängt nicht zuletzt mit ihrem Einsatz übermäßiger Gewalt zusammen. Schläge, Stöße, Reizgas und noch gravierendere Mittel sind keine Seltenheit.

Für Betroffene ist es oft schockierend, mit solcher Gewalt überzogen zu werden. Für die Beamtinnen und Beamten gehört das hingegen zum Alltag. Sie sind schließlich diejenigen, die das staatliche Gewaltmonopol in die Tat umsetzen. Beide Seiten haben ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, welche Gewalt in bestimmten Situationen notwendig ist. Auch deswegen können Auseinandersetzungen bei Großveranstaltungen ebenso eskalieren wie bei alltäglichen Personenkontrollen.

Eine großangelegte Polizeistudie des Frankfurter Kriminologen Tobias Singelnstein und seiner Kolleginnen und Kollegen zeigt nun, welche Konsequenzen die Erfahrung mit übermäßiger Polizeigewalt hat. Für die Betroffenen sind die Folgen erheblich: Sie empfinden nach Angaben des Forschungsteams einen „Vertrauensverlust in Polizei und Staat, Ohnmachtsgefühle und Vermeidungsverhalten“ – und tragen nicht selten physische Verletzungen davon.

Für die Polizeibeamtinnen und -beamten zeitigt der Gewalteinsatz hingegen fast nie Konsequenzen. Der weit überwiegende Teil der Betroffenen verzichtet darauf, Anzeige zu erstatten – und wenn es Verfahren gegen Polizistinnen und Polizisten gibt, werden sie fast immer eingestellt. Aus falsch verstandenem Korpsgeist stellen sich etliche Kolleginnen oder Kollegen grundsätzlich vor die Beschuldigten und schrecken, so die Studie, auch vor „bewussten Falschdarstellungen“ nicht zurück. Die Justiz wiederum erachte Polizeibedienstete aus einer „institutionellen Ebene“ heraus als besonders glaubwürdig.

Wenn diese Gesellschaft ihrer Polizei vertrauen soll, kann das so nicht bleiben. In den Polizeidienststellen wie in der Justiz muss ein Bewusstsein dafür entstehen, wie wichtig es ist, dass übermäßige Gewalt sanktioniert wird. Sonst wächst das Misstrauen weiter.

Dafür sind Konsequenzen in den Institutionen nötig. Es muss Schluss damit sein, dass Polizeikräfte in den eigenen Reihen ermitteln. Nur wirklich unabhängige Ermittlungskommissionen können das notwendige Vertrauen herstellen. Die erschreckenden Ergebnisse der Studie sind eine Mahnung: Wer die Gesellschaft vor Unrecht bewahren soll, darf selbst kein Unrecht begehen.

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