Schlagabtausch zwischen China und den USA: Europa sollte nicht mit einstimmen

Deutschland und die EU-Staaten sollten einen Weg finden, konstruktiv mit China umzugehen, ohne darauf zu verzichten, Peking zu kritisieren. Erfolgreich werden sie nur sein, wenn sie eine gemeinsame Strategie entwickeln. Der Kommentar.
Deutschland und die anderen EU-Staaten brauchen dringend eine konsistente China-Strategie. Denn der chinesische Staatspräsident Xi Jinping hat beim Volkskongress nicht nur seine Macht ausgebaut, sondern auch die Rüstungsausgaben deutlich erhöht und den Ton in der Außenpolitik mit der Wolfskrieg-Rhetorik verschärft. Die richtet sich zwar vor allem gegen die USA. Doch trifft es alle Staaten, wenn Peking seine Interessen offensiver als bislang verfolgen will.
Allerdings sollten die Europäer bei ihrem Vorgehen sich kein Vorbild am US-amerikanischen Schwarz-Weiß-Denken nehmen. Dessen Ergebnis ist eine Spirale der Konfrontation, die sich immer schneller dreht und bei der beide Seiten an einem Punkt angekommen zu sein scheinen, wo jede Handlung des Anderen nur die eigenen Urteile bestätigt. Das ist gefährlich. Dabei bleibt unklar, wo das hinführen soll. Beide Seiten sollten also verbal abrüsten. Denn neben dem ideologischen und politischen Streit sind die Weltmacht USA und die kommende Weltmacht China immer noch aufeinander angewiesen, wie das jährliche Handelsvolumen von mehreren Hundert Milliarden Dollar belegt.
Doch derzeit ist keine Seite bereit, den verbalen Schlagabtausch zu dämpfen. In den USA ist das China-Bashing eines der letzten Themen, das die Demokraten und die nach rechts gerückten Republikaner gemeinsam betreiben. Diese Denkweise gewinnt auch bei europäischen Politikerinnen und Politikern immer mehr Zuspruch. Vor allem in Deutschland wollen viele gegenüber China nicht den Fehler wiederholen, den sie gegenüber Putins Russland gemacht haben: Zu spät auf dessen Aggressionen zu reagieren.
Dabei lohnt es sich, trotz aller berechtigter und notwendiger Kritik an China genau hinzuschauen und zu differenzieren. Das zeigt etwa das Abkommen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, das durch die Vermittlung Chinas zustande kam, wonach beide verfeindete Staaten sich wieder annähern wollen. Das könnte sich auf zahlreiche Konflikte in der Region auswirken, womöglich einen Friedensschluss im Jemen ermöglichen. Natürlich handelt Peking nicht selbstlos. Schließlich ist die chinesische Wirtschaft noch einige Jahre auf die Ressource Öl angewiesen.
Das Beispiel verdeutlicht, dass Chinas Außenpolitik nicht ausschließlich aggressiv ist und bei weitem nicht so destruktiv wie das russische Vorgehen im Krieg gegen die Ukraine oder während des militärischen Konflikts in Syrien.
Deutschland und die EU-Staaten sollten also einen Weg finden, konstruktiv mit China umzugehen, ohne dabei darauf zu verzichten, Peking zu kritisieren für dessen Verfehlungen etwa bei den Menschenrechten oder dessen zweifelhafte Politik gegenüber Wladimir Putin. Sie werden aber nur erfolgreich sein, wenn sie eine gemeinsame Strategie entwickeln, von der sie noch weit entfernt sind.