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Nawalny
Nawalny-Prozess: Juristisch bodenlos
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In Russland ist eine Schlittenfahrt Russlands ins juristisch Bodenlose zu beobachten. Ein Kommentar.
Nicht nur vor Gericht herrscht inzwischen rechtliches Niemandsland. Viele der Einsatzpolizisten, die gestern das Stadtgericht Moskau absperrten, trugen überklebte Erkennungsmarken. Wenn Kameraleute auftauchten, ließen die Ordnungshüter schon Festgenommene wieder laufen und entrissen dafür Reporterinnen und Reportern die Journalistenausweise und führten sie ab.
Drinnen aber musste sich ein Regimegegner verantworten, der im August in Sibirien vergiftet worden war, alle Spuren führen zum Staatssicherheitsdienst FSB. Aber nicht die Täter, sondern das Opfer steht vor Gericht. Wegen angeblicher Verstöße gegen die Auflagen einer dreieinhalbjährigen Bewährungsstrafe, die vor sechs Jahren verhängt wurde, in einem Verfahren, so unfair, dass der russische Staat den Verurteilten hinterher Schmerzensgeld zahlte.
Zu beobachten ist die Schlittenfahrt Russlands ins juristisch Bodenlose. Bisher gingen weniger Leute auf die Straße als die etwa 350 000 Mitglieder der Nationalgarde, die ihnen gegenüberstanden. Was macht diese Staatsmacht wohl, wenn wirklich Massenunruhen ausbrechen?