Knoten entwirrt

Die Regierung in Seoul will die Opfer der japanischen Besatzung selbst entschädigen, bevor es zu spät ist - und setzt darauf, dass Japan das koloniale Erbe weiter aufarbeitet. Ein Kommentar.
Demokratien sollten zusammenhalten. Das gilt nicht nur für die EU, sondern angesichts von Chinas Großmachtstreben und Nordkoreas Zündeleien besonders für Fernost. Dass Südkorea im Streit mit Japan um die Entschädigung von Zwangsarbeiter:innen einlenkt, ist ein Entspannungssignal, das einen alten Konflikt entschärfen hilft.
Südkoreas Unternehmen sollen für das Unrecht aufkommen, das die Menschen des Landes bis 1945 unter japanischer Besatzung erlitten haben. Japan sieht sich außer Pflicht, nachdem es schon ein Paket aufgelegt hatte. Es tut zwar weh, dass Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol den Aggressor damit aus der Verantwortung entlässt – aber anders würde sich der Konflikt noch Jahre hinziehen. Die Opfer hätten nichts davon.
Das koloniale Erbe Japans muss weiter aufgearbeitet werden. Wenn Seoul und Tokio sich näherkommen, können sie ihr starkes Demokratie-Modell wirksam dem chinesischen Verständnis von Macht entgegensetzen, das eines Tages nach Taiwan greifen könnte – auch das eine Demokratie in bedrohter Umgebung.