UN-Generalsekretär Guterres in Moskau: Bringt er Putin dazu, humanitäre Hilfe zu leisten?

UN-Generalsekretär António Guterres wird sowohl nach Moskau als auch nach Kiew reisen. Wohin die Gespräche führen, ist ungewiss – der Besuch ist aber wichtig.
Moskau – Natürlich weiß auch UN-Generalsekretär António Guterres, dass der russische Autokrat und sein Regime, gestützt auf große Teile der russischen Bevölkerung, keinen Frieden in der Ukraine will. Das belegen nicht nur zwei Monate nach dem Überfall Tod und Zerstörung durch die russische Armee in der Ukraine, sondern auch die neue Phase des militärischen Konflikts mit der Offensive im Osten des Landes.
Dennoch ist es richtig, wenn Guterres mit seinen diplomatischen Gesprächen in Istanbul, Moskau und Kiew. erneut das scheinbar Unmögliche versucht. Er hält so zumindest gedanklich das Ziel des Endes der Kampfhandlungen am Leben. Außerdem erinnert er alle Beteiligten daran, dass es genau darum geht.
Nebenbei zwingt er Putin dazu, sich mit dieser Option auseinanderzusetzen, nachdem der russische Autokrat bislang jeden Kontakt mit dem UN-Generalsekretär ablehnte, da dieser Russland einen Verstoß gegen die UN-Charta vorgeworfen hatte. Und er wird wie zuvor der französische Präsident Emmanuel Macron oder dessen italienischer Amtskollege Mario Draghi daran erinnern, in welche Sackgasse Putin und seine Mitstreiter Russland geführt haben.
UN-Generalsekretär Guterres in Kiew und Moskau: Er darf nichts unversucht lassen
Dafür nimmt Guterres in Kauf, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ihn dafür kritisiert, dass er zuerst nach Moskau und nicht nach Kiew reist. Er erträgt die Schelte, wonach er mit dieser Reisediplomatie lediglich einen Arbeitsnachweis für sich und die Vereinten Nationen liefern wolle. Schließlich hat man von ihm lange nichts gehört im Zusammenhang mit Russlands Krieg in der Ukraine. Und er nimmt in Kauf, mit seiner Visite in Moskau Putins Propaganda zu nähren. Der Autokrat kann damit den Menschen in Russland zeigen, dass er trotz allem gesprächsbereit ist.
Doch Guterres darf als UN-Generalsekretär eben auch nichts unversucht lassen. Ein Nein zu Gesprächen über einen Waffenstillstand oder gar Frieden hat er. Ein Ja wird er aller Voraussicht nach nicht bekommen. Doch kleine Fortschritte sind denkbar.
Womöglich gelingt es ihm, Putin dazu zu bringen, humanitäre Hilfen zuzulassen - etwa für die verzweifelten Menschen in Mariupol oder für andere umkämpfte ukrainische Orte. Vielleicht trägt er lediglich dazu bei, dass die Konfliktparteien Gefangene austauschen. Doch auch wenig kann für die Betroffenen viel sein. Guterres übernimmt also die undankbare Rolle eines Vermittlers, der in einer festgefahrenen Situation nur wenig gewinnen kann. Das ist das Los von Diplomaten.
UN-Generalsekretär Guterres in Kiew und Moskau:
Selbst wenn Putin – wie zu erwarten – Guterres mit leeren Händen heimschickt, wird erneut deutlich, dass der russische Kriegsherr lediglich seine zerstörerischen Zielen verfolgt. Er bestätigt damit, dass die Menschen in der Ukraine sich zu Recht dafür entschieden haben, gegen den Aggressor zu verteidigen und für ihre Freiheit zu kämpfen.
Es wird dann die bittere und unerträgliche Wahrheit noch deutlicher, dass der Krieg bedauerlicherweise auf dem Schlachtfeld der Ostukraine entschieden wird. Das erhöht den Druck auf die USA und deren europäische Verbündeten wie die Bundesrepublik, die Ukrainerinnen und Ukrainer bis zum bitteren Ende weiter zu unterstützen.
Für die Ampel-Koalition bedeutet dies, dass der angestrebte und umstrittene Ringtausch von schweren Waffen, wonach osteuropäische Staaten militärisches Gerät nach Kiew liefern und dafür Waffen etwa von Deutschland oder den Niederlanden bekommen, wohl noch lange nicht der letzte Akt in diesem Drama sein wird.
UN-Generalsekretär Guterres in Kiew und Moskau: Nur Putin kann jederzeit den Krieg beenden
Für die ukrainischen Flüchtenden heißt das, dass sie nicht so schnell in ihre Heimat zurückkehren können wie erhofft und sie sich auf einen längeren Aufenthalt im nicht nur europäischen Ausland einstellen müssen als gewünscht.
Jenseits dessen wird weiter diskutiert werden müssen, wie mit Russland zu verfahren ist, wenn der militärische Konflikt tatsächlich einmal beendet werden sollte. Das hängt zwar im wesentlichen von Putin ab. Denn nur er kann jederzeit den Krieg beenden. Aber auch von den Ukrainerinnen und Ukrainern. Sie entscheiden schließlich, unter welchen Bedingungen sie bereit sind, die Waffen schweigen zu lassen.
So oder so dürfte die internationale Gemeinschaft dann dafür sorgen müssen, dass Friedensvereinbarungen auch eingehalten werden. Sie werden also für die Sicherheit der Ukraine genauso sorgen müssen wie die von Russlands. Auch daran erinnert Guterres mit seinen Besuchen in den verschiedenen Hauptstädten. Ein Aspekt dieses Konflikts, der in den vergangenen Wochen immer weniger eine Rolle spielte. (Andreas Schwarzkopf)
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