Ein Autokrat als Partner: Auch die deutsche Politik stützt Erdogan

Viele türkeistämmige Menschen geben ihre Stimme an Erdogan. Doch es ist vor allem die deutsche Politik, die den problematischen Präsidenten aufwertet. Der Kommentar.
Die Türkei-Wahl beginnt für die im Ausland lebenden Bürgerinnen und Bürger. Damit hebt auch die übliche Debatte an, dass viele türkeistämmige Menschen in Deutschland ihre Stimme für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan abgeben. Dabei gerät eine andere Tatsache leicht aus dem Blick: Es ist die offizielle deutsche Politik, die Erdogan aufwertet.
Bei den vergangenen Wahlen wurden die Besuche deutscher Politikerinnen und Politiker wie der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Erdogan kurz vor den Wahlen von der Opposition in der Türkei als „Wahlunterstützung“ betrachtet, während die Öffentlichkeit in Deutschland darüber diskutierte, welche Rolle Mesut Özil bei Erdogans Wahlsieg spielte. Die deutschen Politiker:innen waren bereit, über die Menschenrechtsprobleme in der Türkei hinwegzusehen, um etwa eine „Flüchtlingskrise“ zu vermeiden.
Die deutsche Politik stützt Erdogan – indirekt und direkt
Daran hat sich auch heute nicht viel geändert. Während viele Aktivistinnen, Journalisten und Politiker:innen in türkischen Gefängnissen sitzen, gilt Ankara für Deutschland immer noch als „unverzichtbarer Partner“, wie Außenministerin Annalena Baerbock das Land neulich nannte. Zwar besucht sie die türkische Opposition, führt aber offiziell die enge Zusammenarbeit bei Themen wie der Nato-Erweiterung, dem Ukraine-Krieg oder dem Flüchtlingsdeal, mit dem türkischen Präsidenten trotz seiner autokratischen Herrschaft weiter.
Statt einer vermeintlichen „Integrationsproblem“-Debatte sollte gefragt werden, wie die deutsche Politik Erdogan mit milliardenschweren Flüchtlingsdeals und einem Rekordhandelsvolumen weiterhin unterstützt. Es sind tatsächlich die deutschen Politiker:innen, die dem Autokraten Erdogan indirekte und direkte Unterstützung zukommen lassen, die kurdische und türkische Oppositionelle in Deutschland kriminalisieren lassen, in die Türkei abschieben – auf Kosten der Demokratie. (Yagmur Ekim Cay)