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Anklage gegen Ex-Präsidenten: Angezählter Donald Trump

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Von: Andreas Schwarzkopf

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Manche Menschen haben eine eindeutige Meinung, was die Anklage gegen Trump betrifft: Eine Szene um das Büro von Staatsanwalt Alvin Bragg.
Manche Menschen haben eine eindeutige Meinung, was die Anklage gegen Trump betrifft: Eine Szene um das Büro von Staatsanwalt Alvin Bragg. © Milo Hess/Imago

Die Anklage gegen den Ex-Präsidenten der USA verdeutlicht Donald Trump, dass auch er nicht über dem Gesetz steht – endlich. Ob er noch eine politische Zukunft hat, ist unklar. Der Leitartikel.

Frankfurt – Die Folgen der ersten Anklage gegen einen ehemaligen US-Präsidenten werden immens sein – nicht nur für den Beschuldigten Donald Trump und seine Fans, sondern auch für die Republikaner, kurz: für das ganze Land. Trump wird gezeigt, dass er nicht über dem Gesetz steht, obwohl er sich seit Jahren so verhalten und das Recht viel zu oft mit Füßen getreten hat. Er hat demokratische Normen ignoriert und wo es ging versucht, sie zu zerstören.

Doch die Justiz weist den notorischen Lügner und Trickser in die Schranken - endlich. Und wird dies wohl in weiteren Fällen tun – und zwar nicht, weil sich Juristinnen und Juristen gegen ihn verschworen haben, wie er und seine Fans fälschlicherweise behaupten, sondern weil seine Taten danach verlangen.

Ex-Präsident Donald Trump: Anklage inmitten seiner Wahlkampagne

Im US-Bundesstaat Georgia soll er versucht haben, illegal den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 beeinflusst zu haben. Er ist mitverantwortlich für die Erstürmung des Kapitols vom 6. Januar 2021 mit Toten und hat unerlaubt Geheimdokumente aus dem Weißen Haus in sein Anwesen im Bundesstaat Florida gebracht.

Trump wird sich also gegen das drohende Ungemach mehr einfallen lassen müssen als das übliche Herumgepoltere. Der Multimillionär wird seine Anhängerinnen und Anhänger zwar mit der Mär von der angeblichen juristischen Hexenjagd linker Kräfte anstacheln. Sie werden lärmen und zetern und wer weiß was noch. Er wird versuchen, das Land noch weiter zu polarisieren und zu spalten.

Womöglich wettern nicht nur viele aus dem republikanischen Lager mit Trump gegen die New Yorker Staatsanwaltschaft, sondern scharen sich erneut dauerhaft um ihn. Doch mit seinen Fans alleine kann Trump keine Wahl gewinnen.

Anklage gegen Trump: Dilemma für Trump und Republikaner

Das ist das Dilemma für Trump und die Republikaner. Die Mehrheit der US-Bürgerinnen und -Bürger hat sich inzwischen von dem Rechtspopulisten abgewandt. Er verlor trotz Amtsinhaber-Bonus seine Präsidentschaft an Joe Biden und die von ihm unterstützten Politikerinnen und Politiker schnitten bei den Kongresswahlen im Herbst schlecht ab.

Deshalb ist der rechte Sender Fox News seither auf Distanz gegangen und berichtet kaum noch über den einstigen Liebling und Quotenbringer Trump. Und deshalb positionieren sich bei den Republikanern ernstzunehmende Konkurrentinnen und Konkurrenten für die Kandidatur der Präsidentschaftswahl 2024. Trump ist eben nicht mehr unangefochten.

Stattdessen suchen sie einen Trump ohne dessen Drama und Eskapaden, um auch in der Mitte Wählerstimmen zu bekommen. Sie suchen einen wie Ron DeSantis. Doch dem Gouverneur von Florida fehlt die Strahlkraft über seinen Bundesstaat hinaus.

Trump-Anklage: Kommt das Ende seiner politischen Laufbahn?

Doch von derlei strategischen Überlegungen will Trump nichts wissen. Er will seinen schleichenden Niedergang nicht wahrhaben. Selbst angezählt verfolgt er unbeirrt seine Wiederwahl, weshalb er auch immer mal wieder gegen einen möglichen innerparteilichen Opponenten auskeilt. Damit erinnert er alle daran, dass er für seine erste Präsidentschaftskandidatur praktisch aus dem Nichts und als Außenseiter politische Schwergewichte wie Jeb Bush und dessen unterstützende und schwerreiche Familie aus dem Rennen warf.

Doch selbst wenn Trump tatsächlich an das Ende seiner politischen Laufbahn kommen sollte, darf niemand hoffen, dass der Trumpismus mit ihm verschwindet. Die dann neue Generation von republikanischen Führungspersönlichkeiten wird seine Politik fortsetzen, wird Amerika wieder groß machen wollen.

Trump hat zu viele gemäßigte Republikanerinnen und Republikaner aus der Partei gejagt. Er hat zu viele gezwungen, seine fragwürdigen politischen Ziele zu übernehmen. Zu viele sind ihm aber auch bereitwillig gefolgt, haben viele Menschen politisch nach rechts geführt oder sogar radikalisiert. Es wird sehr lange dauern, bis die Grand Old Party sich davon erholt, wenn überhaupt.

Anklage gegen Trump inmitten seiner Wahlkampagne: Vorteil für Biden?

Die US-Demokraten mit ihrem Präsidenten Joe Biden sollten nicht den Fehler machen und den angeschlagenen Trump und dessen republikanische Partei unterschätzen. Diese Haltung hat Hillary Clinton seinerzeit teuer bezahlen müssen. Außerdem ist Biden nicht sonderlich beliebt, wie die Umfragen zeigen.

Das hat sicher viele Gründe. Einer davon ist, dass er sein Wahlversprechen nicht verwirklicht und das gespaltene Land nicht geeint hat. Dafür ist nach allem, was man weiß, sicher mehr nötig als eine Präsidentschaft. Aber auch ein Präsident, der dieses Ziel anspricht und mit einzelnen politischen Projekten verfolgt. Doch was nicht ist, kann ja noch werden.

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