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Ein Jahr Krieg: Die Friedensinitiativen sind nicht überzeugend

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Von: Andreas Schwarzkopf

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Die unterschiedlichen Friedensinitiativen haben Schwächen. Sie werden Putin deshalb wohl kaum dazu bringen, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Der Leitartikel.

Zum Jahrestag des Beginns des Krieges gegen die Ukraine gibt es viele Initiativen, die sich für den Frieden einsetzen. Eine Schwäche teilen die unterschiedlichen Vorschläge und sind alleine deshalb unzureichend. Sie konzentrieren sich auf Putins Krieg in der Ukraine und vernachlässigen dessen imperiales Ziel, das zerbrochene Reich Russland wieder zusammenzufügen.

Sie beschäftigen sich leider nicht mit Moskaus Konflikt mit Georgien oder den Plänen des Kreml, sich Belarus einzuverleiben. Oder damit, dass Putins Regime auch den Multilateralismus angreift. Putin möchte offensichtlich das Recht des Stärkeren durchzusetzen. Syrien ist dafür ein mahnendes Beispiel.

Friedensinitiativen: Will Putin überhaupt Frieden?

Außerdem sagen die Vorstöße nichts dazu, dass Putin den militärischen Konflikt gegen die Ukraine gar nicht beenden will. In seiner Rede zur Lage der Nation hat der Kremlherrscher erneut das Schicksal seines Landes mit dem Ende der Ukraine verknüpft. Aus seiner Sicht gibt es also nichts zu verhandeln.

Chinas Zwölf-Punkte-Friedensplan schlägt zudem einen Waffenstillstand vor, den Kiew und deren westlichen Verbündeten bereits abgelehnt haben. Sie wollen verhindern, dass es einen weiteren eingefrorenen Konflikt geben könnte, den Putin jederzeit wieder anheizen kann. Peking muss sich außerdem fragen lassen, warum die Regierung von Xi Jinping ihren Einfluss in Moskau nicht genutzt hat, um Putin zum Einlenken zu bringen.

Jahrestag Kriegsbeginn Ukraine – Berlin Demonstration
Viele Menschen wünschen sich Frieden im Ukraine-Krieg. Absehbar ist das aber bisher nicht. © Paul Zinken/dpa

Die Friedensinitiative aus China ist nicht uneigennützig

Schließlich pocht China auf die Unverletzlichkeit von territorialen Grenzen. Auf Putins Krieg bezogen, würde daraus zwingend ein Rückzug der russischen Truppen aus dem überfallenen Land folgen. Doch dazu schweigt Peking. So entsteht der Verdacht, China gehe es weniger darum, die Waffen in der Ukraine zum Schweigen zu bringen, als vielmehr darum, den eigenen Machtanspruch auf Taiwan erneut zu untermauern.

Auch hierzulande wirken viele Vorschläge unrealistisch. Viele wollen keine Waffen in die Ukraine liefern, weil damit nur der Krieg angeheizt und verlängert wird. Das verdreht das Verhältnis von Täter und Opfer. Der russische Aggressor zwingt Ukrainerinnen und Ukrainer aber dazu, entweder zu kämpfen oder sich zu ergeben.

Einige schlagen sogar vor, die Regierung von Wolodymyr Selenskyj möge die Waffen niederlegen und sich friedlich gegen die russische Okkupation wehren. Dann wäre zwar der Krieg an der Front vorbei. Doch dann würde der Kreml damit beginnen, alles zu vernichten, was die Ukraine ausmacht. Was das bedeutet, lässt sich an den Gräueln in den ostukrainischen Gebieten betrachten, die Russland annektiert hat.

Das Manifest für Frieden spricht nicht nur Menschen aus der Mitte der Gesellschaft an

Bei dem „Manifest für Frieden“ der Publizistin Alice Schwarzer und der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht ist beunruhigend, dass sie auch mit rechten oder rechtsextremen Gruppen auf die Straße gehen wollen. Das spaltet nicht nur Wagenknechts Partei, sondern hat bereits einige Prominente wie die Protestantin Margot Käßmann dazu gebracht, nicht mitzudemonstrieren.

Irritierend ist zudem, dass sich kaum jemand mit dem beschäftigt, was bisher geschah. Die Ukraine hat nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim nicht zu den Waffen gegriffen. Kiew hat im Minsker Abkommen bereits mit Moskau darüber verhandelt, den militärischen Konflikt in der Ostukraine beizulegen. Doch der Autokrat Putin hat nicht eingelenkt, sondern seine Truppen im vergangenen Februar in die Ukraine einmarschieren lassen.

Wer Frieden in der Ukraine will, muss also Antworten auf all die verschiedenen Aspekte des Krieges geben. Und er muss sagen, wie anders Putin und seine imperialen Ziele zu stoppen sind als mit militärischen Mitteln. (Andreas Schwarzkopf)

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