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Corona-Krise: Homeoffice ist kein Allheilmittel

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Von: Andreas Schwarzkopf

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Das Arbeiten von Zuhause kann aber in der Corona-Krise helfen und muss als Teil der Modernisierung gestaltet werden. Der Leitartikel.

Es ist hilfreich, die kontroverse Debatte über Homeoffice zu entzerren und die unterschiedlichen Aspekte voneinander zu trennen. Schließlich will niemand Menschen und Unternehmen zu etwas zwingen, was keinem etwas bringt. Homeoffice ist sicher auch kein Allheilmittel. Es können ohnehin nicht alle nutzen. Brötchen werden auch weiter in der Bäckerei gebacken und Autos am Band gefertigt.

Aber wenn Homeoffice in der Corona-Krise dazu beiträgt, die Zahl der Infizierten zu senken, sollte dieses Mittel auch im aktuellen Lockdown stärker genutzt werden - jedenfalls da, wo es machbar ist. Es würden wieder weniger Menschen mit S- und U-Bahnen oder Bussen zum Arbeitsplatz fahren. Sie würden zumindest im Berufsverkehr in öffentlichen Verkehrsmitteln weniger Kontakte haben, es gäbe weniger Ansteckungen, vor denen viele Angst haben.

Homeoffice: Der Lockdown im Frühjahr sah doppelt so viele Menschen zu Hause

Im vergangenen Frühjahr haben nach aktuellen Studien etwa doppelt so viele Menschen zu Hause gearbeitet wie derzeit. Diese Zahl müsste nicht zwingend erreicht werden. Schließlich haben wir vieles gelernt. Firmen haben Hygienekonzepte ausgearbeitet. Und alle Betroffenen sind mit Vor- und Nachteilen von Heimarbeit vertraut, weshalb Beschäftigte lediglich zwei Tage die Woche nicht im Büro arbeiten wollen.

Natürlich ist es am besten, wenn die Wirtschaft das ohne Eingriffe regeln würde. Das scheint sie aber nicht zu machen. Freiwillig funktioniert zu wenig, wie das auch bei der Frauenquote und anderen Themen zu besichtigen ist. Also sollte sich die Politik überlegen, wie sie sinnvoll Blockierer dazu bringt, die Zahl ihrer Beschäftigten in Heimarbeit zu erhöhen.

Homeoffice: Die Politik muss einen Rahmen setzen

Dabei sollten Politikerinnen und Politiker aber auf unsinnige Regeln wie die 15-Kilometer-Vorschrift für den privaten Bereich verzichten. Sie sollten aber schon einen Rahmen setzen, der die Verantwortlichen in den Unternehmen zum Umdenken bringt. Falls nötig, auch mit Geldbußen.

Solche Vorschläge und die Debatte darüber sind nicht neu. Und womöglich kommen sie für die aktuelle Phase der Pandemie zu spät. Andererseits wird die Corona-Krise auch nicht mit dem bisher terminierten Ende des Lockdowns Ende Januar einfach aufhören. Eine mögliche Vorschrift für mehr Homeoffice könnte also auch Anfang oder Mitte Februar durchaus noch sinnvoll sein.

Leere Büros aufgrund von Homeoffice.
Leere Büros aufgrund von Homeoffice. © Monkey Business 2 via www.imago-images.de

Die Politik würde mit solch einem Schritt zudem etwas in ein besseres Gleichgewicht bringen. Derzeit kann man leicht den Eindruck bekommen, den Unternehmen werde mehr erlaubt als Menschen im privaten Bereich. Wenn Beschäftigte am Arbeitsplatz mit mehr Menschen Kontakt haben dürfen als zu Hause, dann gerät etwas in Schieflage.

Homeoffice darf nicht nur zu Lasten von Beschäftigten gehen

Natürlich darf Homeoffice nicht nur zu Lasten von Beschäftigten gehen. Viele haben immer noch keinen angemessen eingerichteten Arbeitsplatz zu Hause und sitzen mit einem womöglich veralteten Computer am Küchentisch. Womöglich können nicht alle Unternehmen dies bereits in der Krise ändern. Sie könnten aber ihren Angestellten bei den Kosten helfen und umfassende Konzepte auf später verschieben.

Und natürlich muss Homeoffice mit gleichzeitiger Kinderbetreuung idealerweise vermieden werden, damit die Betreuenden nicht wieder überfordert werden. Deshalb ist es gut und richtig, dass vielerorts wie in Hessen Schulen und Kitas teilweise geöffnet haben. Optimal ist auch das nicht. Das Problem der Betreuung haben allerdings alle mit Kindern, wenn Schulen und Kitas ganz geschlossen sind - egal, ob sie ins Büro müssen oder im Homeoffice sind.

Abgetrennt von diesen Aspekten des Homeoffice während der Corona-Krise sollten mittel- und langfristige Regeln sein. Wie viele Tage ein Beschäftigter künftig Anrecht auf Homeoffice haben sollte oder ob es dieses Recht überhaupt geben soll, sollte nicht mit dem kurzfristigen Nutzen für den Gesundheitsschutz in Konkurrenz gebracht werden,

Corona zeigt, wie vorteilhaft Homeoffice sein kann

Aber natürlich kann und soll darüber gestritten werden. Und wir wären an dieser Stelle bereits deutlich weiter, wenn Wirtschaftsminister Peter Altmaier von der CDU den Vorstoß in Sachen Homeoffice von Arbeitsminister Hubertus Heil von der SPD nicht vor einigen Wochen so rüde gestoppt hätte. Womöglich hätten wir bereits einen Weg gefunden, um Homeoffice voranzubringen.

Zu stoppen ist der Vormarsch ohnehin nicht. Corona hat allen gezeigt, wie vorteilhaft Homeoffice sein kann. Man muss diese Art der Modernisierung allerdings gestalten. Die Liste der genannten Probleme lässt sich leicht verlängern. Was bedeutet es für eine Dienstleistungsstadt wie Frankfurt beispielsweise städteplanerisch, wenn die Zahl der Beschäftigten im Homeoffice tatsächlich steigt? Verwaisen die Banktürme und was soll mit ihnen geschehen? Wie muss der öffentliche Nahverkehr verändert werden, wenn weniger Menschen pendeln?

Es gilt, Fragen wie diese zu beantworten. Dies gelingt nicht, in dem Probleme einfach ignoriert werden. Konstruktiver ist es, solche Prozesse zu gestalten und nicht von ihnen überrascht zu werden. (Von Andreas Schwarzkopf)

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