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Die fatale Konsequenz nach dem Urteil zur AfD-nahen Stiftung

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Von: Pitt von Bebenburg

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Es darf kein Geld für Feindinnen und Feinde der Demokratie fließen. Ein Gesetz muss das ausschließen.

Es hat genug Warnungen gegeben. „Schluss mit der Lethargie gegenüber der AfD und ihrer Stiftung!“, mahnten 13 zivilgesellschaftliche Organisationen bereits vor zwei Jahren.

Doch die demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag haben die Warnungen nicht ernst genug genommen. Nun droht, was eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung aufgezeigt hat: dass die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung mit einer staatlichen Förderung in Millionenhöhe dauerhafte Strukturen schaffen könnte, um „menschenfeindliche Positionen der Neuen Rechten in der Gesellschaft stärker zu verankern“.

Erika Steinbach, Vorsitzende der Stiftung Desiderius-Erasmus, auf dem Bundesparteitag der AfD 2018.
Erika Steinbach, Vorsitzende der AfD-nahen Stiftung Desiderius-Erasmus, auf dem Bundesparteitag der AfD 2018. © Matthias Balk/dpa

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch ist diese fatale Konsequenz wahrscheinlicher geworden. Deutschland muss befürchten, dass die extreme Rechte auf Kosten des Staates eine schlagkräftige außerparlamentarische Plattform aufbaut, die stramm rechtes Gedankengut in Seminaren, einer Akademie, mit Studienstipendien und Auslandsvertretungen verbreitet.

Die Tätigkeit der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung birgt Gefahren

Genau diese Gefahr birgt die Tätigkeit der Desiderius-Erasmus-Stiftung. Das beginnt bei der zunehmend extrem rechten Partei, die die Stiftung ins Leben gerufen hat, und deren Mandatsträger:innen in ihren Gremien vertreten sind. Es betrifft aber auch die Akteurinnen und Akteure in der Stiftung selbst. Leute wie die Stiftungsvorsitzende Erika Steinbach, die ihre Tiraden gegen geflüchtete Menschen verbreitet und 2019 den Hass gegen den nordhessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke anstachelte, der wenige Monate später von einem Rechtsextremisten ermordet wurde.

Meron Mendel, der Leiter der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, hat früh auf den Punkt gebracht, dass es darum gehe, „Zugriff auf die Schaltstellen der öffentlichen Willensbildung“ zu erhalten. „Der Ritterschlag wären dabei öffentliche Gelder: ein Abbau demokratischer Strukturen, bezahlt von der Demokratie selbst“, schrieb Mendel.

Die Gefahr besteht darin, dass antidemokratische Kräfte demokratische Verfahren nutzen können, um Demokratie und Menschenrechte auszuhebeln. Nicht nur der Bund muss dem einen Riegel vorschieben, sondern auch Bundesländer, die Geld für politische Bildung vergeben.

Das Urteil aus Karlsruhe kam keineswegs überraschend. Auch unabhängig von der AfD-nahen Stiftung wäre es längst fällig gewesen, die Finanzierung politischer Stiftungen klar zu regeln. Das bisherige Verfahren, die staatlichen Millionenbeträge einfach per Haushaltsgesetz zu vergeben, ist nicht sauber. Mit gutem Grund regte die Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung schon vor 30 Jahren an, die Finanzierung parteinaher Stiftungen gesetzlich zu regeln. Geschehen aber ist nichts.

Dabei haben die demokratischen Parteien allen Anlass, stolz auf die Arbeit ihrer politischen Stiftungen zu sein und deren Tätigkeit auf eine fundierte Grundlage zu stellen. Schon die große Koalition hatte das Manko einer klaren Regelung erkannt. Bisher erhielten Stiftungen eine staatliche Finanzierung, wenn ihre Partei zum zweiten Mal in den Bundestag eingezogen war. Es war absehbar, dass der AfD das 2021 gelingen würde.

Nach der Bundestagswahl vereinbarte die Ampelkoalition aus SPD, Grüne und FDP, die Arbeit und Finanzierung der Stiftungen „rechtlich besser absichern“ zu wollen. Doch das ist bis heute nicht geschehen. Ein Versäumnis mit Folgen.

Dabei hätte die Angelegenheit in Ruhe und Gründlichkeit angegangen werden sollen. Denn der Bundestag darf nicht nach Belieben eine politische Kraft aus der Förderung ausschließen. Er muss allgemeingültige Regeln für die Vergabe des Geldes aufstellen.

Die Politik muss ihre „Torheit“ endlich überwinden

Das Bundesverfassungsgericht hat einen Rahmen dafür gesteckt. Sein Vorschlag, der „Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ könne zum Kriterium gemacht werden, muss aber nicht das letzte Wort bleiben. So hatte es der Bundestag schon im Haushaltsgesetz für das Jahr 2022 gelöst.

Der Gesetzgeber sollte aber über den Hinweis auf die grundgesetzliche Ordnung hinausgehen. Er muss deutlich machen, dass menschenfeindliche, völkische, verschwörungsideologische und geschichtsklitternde Positionen nicht auf Staatskosten verbreitet werden dürfen.

Aber nicht nur das. Zu prüfen ist etwa, ob die Desiderius-Erasmus-Stiftung gemeinnützige Arbeit leistet. Denn auch durch diese Anerkennung verschafft der Staat der Stiftung Vorteile.

Wer weiß schon, was der Humanist Erasmus von Rotterdam vor 500 Jahren dazu gesagt hätte, dass die AfD sein würdiges Erbe mit ihrer Stiftung zu vereinnahmen versucht. Vielleicht hätte er, um sein bekanntestes Werk zu zitieren, das „Lob der Torheit“ gesungen. Doch höchstens als Satire. Im Ernst gilt: Die Politik muss ihre „Torheit“ endlich überwinden und einer staatlichen Finanzierung der Desiderius-Erasmus-Stiftung einen Riegel vorschieben. (Pitt von Bebenburg)

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