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Sozial verträglicher Klimaschutz

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Von: Klaus Staeck

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Mit Öl- und Gasflammen Wärme zu erzeugen, wird schon in absehbaren Jahren als anachronistischer Frevel erscheinen.
Mit Öl- und Gasflammen Wärme zu erzeugen, wird schon in absehbaren Jahren als anachronistischer Frevel erscheinen. © Christian Charisius/dpa

Öl und Gas zu ersetzen, kostet Geld. Nur wenn diese Kosten abgefedert werden, gelingt die Wärmewende. Die Kolumne.

Klima- und Naturschutz brauchen mehr Geld. Dass dieser Satz vor allem in der Berliner FDP-Zentrale oder im Finanzministerium Begeisterungsstürme auslöst, wird niemand erwarten. Aber es führt kein Weg daran vorbei. Denn um die anspruchsvollen Ziele einer wirkungsvollen Klimastrategie einigermaßen zu erreichen, muss ganz unten angefangen werden.

Energieversorgung über fossile Brennstoffe ist ein Auslaufmodell. Mit Öl- und Gasflammen Wärme zu erzeugen wird schon in absehbaren Jahren als anachronistischer Frevel erscheinen. Politiker und Politikerinnen, die sich jetzt scheuen, dem Wahlvolk die Wahrheit über kommende Zumutungen zu sagen, wird man dereinst Verantwortungslosigkeit vorwerfen müssen.

Aber wie schafft man es, den Leuten, die als Normal- oder Geringverdiener durchs Leben kommen, von der Inflation gebeutelt werden, mit Sorgen der nächsten Heizkostenabrechnung entgegensehen, Verständnis für eine teure Klimapolitik abzuringen? Es gibt nur einen Weg: Belastungen müssen abgefedert werden, wenn nicht sozialer Unfrieden entstehen soll, der dieser Gesellschaft noch mehr mögliche Bruchzonen zufügt und den rechten Rand der Leugnerinnen und Leugner einer existenzbedrohenden Gefahr durch Klimakatastrophen stärkt.

Abfedern heißt zweierlei – einmal wissenschaftlich und ökonomisch fundiert zu überzeugen, dass der Weg zur Nutzung erneuerbarer Energieformen unabdingbar ist („alternativlos“ will niemand mehr in den Mund nehmen). Somit das Prinzip Aufklärung als strategische Maßnahme zu begreifen, die sich von ideologischer Indoktrination der Klima-Fundamentalisten deutlich unterscheidet. Zum anderen erfordert es, finanzielle Anreize zu schaffen, die Umstiegswillige belohnen und die Senkung von CO2-Emissionen als wirtschaftlich anregendes Ziel erscheinen lassen.

Einer der Klimaexperten, die mich überzeugen, ist seit Jahren Mojib Latif. Er macht keinen Hehl daraus, dass es nicht genügt, wenn wir allein als klimabewusste Deutsche mustergültig Treibhausgase einsparen, während diese weltweit ungehindert und in dramatisch steigenden Dimensionen in die Atmosphäre geblasen werden.

China hat einen Anteil von 30 Prozent an globalen Emissionen, Die USA sind der zweitgrößte Produzent von Kohlendioxid und Indien hat in den letzten drei Jahrzehnten den Ausstoß um mehr als 370 Prozent gesteigert. Doch wahr ist auch, dass auf Menschen hierzulande im Schnitt pro Jahr neun Tonnen, auf den Inder nur zwei Tonnen Emission entfallen.

Die G20-Länder, zu denen Deutschland gehört, haben den weitaus größten Anteil an der Treibhausgasproduktion. Man könnte sich also Welt-Klimakonferenzen mit mehr als 190 Staaten sparen, wenn sich nur die Hauptschuldigen an einem Tisch zusammenfänden und auf verbindliche Maßnahmen zur Einschränkung einigen würden.

Um das Hauptziel zu erreichen, nämlich den Anstieg der Erderwärmung bis 2100 auf unter zwei Grad zu begrenzen, muss weltweit der politische Wille gestärkt werden, den Ausstoß zu begrenzen. Dies muss auch national durchgesetzt werden und Latif zweifelt, „ob diese Art des Kapitalismus noch zeitgemäß ist“.

Es gebe keinen Grund mehr, Firmen, die in unverdienter Weise als Profiteure an der Krise unverschämte Gewinne abschöpften, nicht angemessen zu besteuern. Damit könne man Spielräume schaffen, um soziale Probleme zu lösen und die Akzeptanz einer wirkungsvollen Klimapolitik zu erhöhen. Steueroasen – national wie international – sind Klimakiller. Sie fallen nur nicht so auf wie rauchende Schlote.

Klaus Staeck ist Grafiker

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