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Cannabis-Legalisierung: Das Tabu bröckelt unaufhaltsam

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Von: Inge Günther

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Das mit Cannabis verbundenen Tabu bröckelt zusehends.
Das mit Cannabis verbundenen Tabu bröckelt zusehends. © Paul Zinken/dpa

Das mit Cannabis verbundenen Tabu bröckelt zusehends. Ein Grund mehr, einer Legalisierung der Droge entspannt entgegenzusehen. Die Kolumne.

Im Fernsehen wird auffällig oft gekifft. Oder so getan als ob. Man weiß ja nicht, was wirklich in den selbstgedrehten Tüten steckt, die bei Filmaufnahmen gepafft werden. Gefühlt jedenfalls kommt in jedem zweiten TV-Drama heutzutage ein Joint zum Zuge.

Meist in einer Schlüsselszene, in der eine gestresste Hauptperson nach Familienkrach eine Auszeit braucht und sich – nach anfänglichem Widerstreben – einen mit Cannabis angereicherten Stummel reichen lässt. Was wiederum in aller Regel der relaxten Sicht auf den Beziehungsmurks dient.

Cannabis: Noch nicht legal, aber in Deutschland schon salonfähig?

In meiner aktuellen ARD-Lieblingsserie „Die Kanzlei“ zog neulich gar der Ex-Ehemann der hinreißend von Sabine Postel gespielten Chefin im Büro einen durch. Ihr Anwaltspartner (Herbert Knaup in einer Glanzrolle) schien ebenfalls nicht abgeneigt. Der anwesende Mandant („Ist das Dope?“) wollte auch gleich zugreifen, wäre nicht besagte Chefin resolut eingeschritten. In einer Rechtsanwaltskanzlei hat „Illegales“ nichts zu suchen, nach Feierabend gab auch sie sich locker.

Nur wenige Promis allerdings ließen sich bislang von der Legalisierungskampagne des Deutschen Hanfverbandes einspannen. Voran Hella von Sinnen – „ich will legal kiffen“. Das möchten wohl ebenso die auf vier Millionen geschätzten erwachsenen Cannabis-Konsumentinnen und -Konsumenten quer aus allen sozialen Schichten in Deutschland. Auch wenn die meisten das nicht publik machen.

Cannabis im Wahlkampf 2021 – Frankfurt als Vorreiter?

Dabei bröckelt das Tabu schier unaufhaltsam. Selbst die gute alte SPD plädiert inzwischen für eine regulierte Abgabe in Modellprojekten an Volljährige. Nach Vorschlag der Jusos als Erstes in Frankfurt. Die Linke setzt ihren eigenen Akzent und wirbt mit Blick auf Einkommensschwache für straffreien Selbstanbau von Hanf. Glücklich, wer einen Balkon oder Garten hat. Die Grünen, die das Thema „legalize it“ am längsten auf dem Schirm haben, wollen einen lizenzierten Verkauf, ähnlich wie in Holland, mit Kontrolle der Handelsketten und garantierter Schadstofffreiheit, möglichst also Bio-Marihuana. Der Verdacht, ein Cannabiskrümel sei mit obskuren Substanzen gestreckt, fiele damit weg.

Auch die FDP hat sich mit der Idee angefreundet – aus hehrsten Motiven versteht sich. Wozu neben Jugend- und Gesundheitsschutz die Entlastung der Justiz infolge überfälliger Entkriminalisierung harmloser Kiffer zählt. Nicht zu vergessen die erhofften Steuermehreinnahmen von rund einer Milliarde Euro.

Cannabis bleibt Teufelszeug: Union und AfD beharren auf ihren Ansichten

Nur Union und AfD halten jede Art Rausch, abgesehen von Bier, Wein und Schnaps, nach wie vor für Teufelswerk und Cannabis für eine gefährliche Einstiegsdroge. Sonderlich stichhaltig ist das nicht. Wer sich „Gras“ legal besorgen kann, dürfte weniger schnell an einen Dealer geraten, der auch harte Sachen wie Koks oder Chrystal Meth im Sortiment hat.

Klar hat sich manch eine(r) schon derart zugedröhnt, bis nichts mehr ging. In raren Fällen soll zu viel Cannabis-Konsum gar latente Psychosen ausgelöst haben, was freilich ein Verbot allein nicht verhindert.

Cannabis statt Leistung: Entspannte Mäuse machen es vor

Schon verbreiteter ist eine andere Reaktion, die unserer Leistungsgesellschaft entgegensteht, ihr aber zugleich entspringt. So waren bei einem Experiment dressierte und in ein „High“ versetzte Mäuse noch in der Lage, einen roten Knopf zu betätigen. Bloß waren sie zu faul, dies mehrmals, so wie die nüchterne Testgruppe, zu wiederholen. Ein Grund mehr, einer Legalisierung von Cannabis entspannt entgegenzusehen. (Inge Günther)

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