Nahost: Israel und Jordanien mit positivem Energieschub
Israel und Nachbar Jordanien haben ein klimapolitisch lobenswertes Geschäft vor: den Tausch von Trinkwasser gegen Ökostrom. Die Kolumne.
Jerusalem - Gute Nachrichten sind rar in diesen Zeiten. Im Nahen Osten erst recht. Diesem Hotspot, der weder in politischer noch klimatischer Hinsicht (bei einem prognostizierten rekordträchtigen Temperaturanstieg von vier Grad Celsius) optimistisch stimmt. Umso mehr wurde jüngst eine löbliche Ausnahme gefeiert: der zwischen Israel und Jordanien eingefädelte Tauschhandel mit nachhaltig produzierten Ressourcen. Konkret soll das haschemitische Königreich die Israelis jährlich mit 600 Megawatt Ökostrom beliefern. Im Gegenzug erhält es 200 Millionen Kubikmeter Trinkwasser aus den gigantischen Entsalzungsanlagen an der israelischen Küste.
Ein Win-win-Geschäft für beide Seiten, an dem als Dritte im Bunde die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mitverdienen. Die Rechnung ist simpel: Jordanien, eines der wasserärmsten Länder weltweit, will so die Versorgung seiner rapide wachsenden Bevölkerung sicherstellen, zu der auch eine Million syrischer Flüchtlinge zählen. Israel wiederum, das bis 2050 klimaneutral werden will, kann seine bislang bescheidene Bilanz von rund neun Prozent erneuerbarer Energie verbessern. Und den Emiraten winkt als den Finanziers der künftigen Riesensolarplantage in der jordanischen Wüste ein schönes Investment.
Umweltgruppe Eco Peace hat Ableger in verschiedenen Nahoststaaten
Mit Rücksicht auf die Geldgeber wurde das Memorandum des Modellprojekts denn auch in Dubai unterzeichnet, statt wie ursprünglich erwartet bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Glasgow. Die Idee allerdings geht auf eine ambitionierte Umweltgruppe namens Eco Peace Middle East zurück – die einzige NGO in Nahost mit israelischen, jordanischen und palästinensischen Ablegern. Bereits 2017 hatte Eco Peace, gefördert von der Adenauerstiftung, ein Konzept für regionale Energiekooperation entwickelt.

Es floss ein in den Green Blue Deal – einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Klimakrise und Wasserknappheit, den die grenzübergreifende Organisation vor fast genau einem Jahr präsentierte. Die palästinensischen Autonomiegebiete sind darin ausdrücklich einbezogen. Etwa mit der Forderung, ihnen mehr Rechte beim Anzapfen des unterirdischen Wasserspeichers in der Westbank zu genehmigen, als in den Osloer Friedensverträgen vorgesehen. Israels Bedarf sei schließlich dank des desalinierten Meerwassers gedeckt.
Trumps und Netanjahus Abgang machten den Deal erst möglich
Die Vereinbarung von Dubai lässt diesen Aspekt außen vor. Trotzdem ist sie ein ökologischer Schritt voran. Ein erster greifbarer Erfolg des Green Blue Deal von Eco Peace. Nicht zuletzt ermöglicht durch das zwischen Israel und den UAE im Sommer 2020 geschlossene Abraham-Abkommen. Als dessen Pate fungierte damals Donald Trump. Ironie der Geschichte: Erst sein unfreiwilliger Auszug aus dem Weißen Haus sowie der Abgang seines Spezis „Bibi“ Netanjahu aus dem Jerusalemer Premierbüro machten den Weg frei, umweltpolitisch eine neue Richtung einzuschlagen.
Sonst hätte der jordanische König Abdullah, der beiden misstraute, dem Dreiecksgeschäft Wasser für Energie wohl kaum zugestimmt. Zumal unter seinen Landsleuten, die mehrheitlich palästinensischer Herkunft sind, jegliche Normalisierung mit Israel unpopulär ist. Auch so zogen in Amman Tausende Oppositionelle nach Bekanntgabe des Deals aus Protest auf die Straße.
Klimaschutz geht nicht ohne politische Kooperation
Der Nahostkonflikt erzeugt eben nach wie vor Negativenergie. Aber das gilt für alle Krisengebiete: Ein wirklich positiver Schub, um den Klimawandel aufzuhalten, braucht auch den Nachdruck, politische Lösungen auszuhandeln. (Inge Günther)