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Kolumne
Joe Biden und die Vorschusslorbeeren – Aufgaben und Erwartungen des neuen US-Präsidenten
- vonManfred Niekischschließen
Lorbeer rettete die Nymphe Daphne. Als Kranz ziert er den Kopf verdienter Häupter und Lady Gaga weist schon auf einen möglichen Träger. Die Kolumne.
- US-Präsident Joe Biden steht während seiner Präsidentschaft vor großen Herausforderungen.
- Die Bekämpfung der Corona-Pandemie, die Grenze zu Mexiko und der Umweltschutz standen ganz oben auf seiner Liste.
- Doch die Erwartungen sind weiterhin hoch; Joe Biden kann sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen.
Er gehört ins Sauerkraut oder auf den Kopf, der Lorbeer. Je nachdem, ob er als getrocknetes Blatt vorliegt oder als gewundener Kranz. Sein Aroma ist es, das ihn zum beliebten Gewürz macht. Das aber spielt eine deutlich untergeordnete Rolle, wenn er ein menschliches Haupt ziert.
Spätestens seit der griechischen Antike, nachdem die schöne Nymphe Daphne von ihrem Vater in einen Lorbeerbaum verwandelt worden war, um sie vor den Nachstellungen des aufdringlichen, weil unsterblich verliebten Gottes Apollon zu retten, erhielt der Lorbeer seine mythologische Bedeutung.
Als US-Präsident kann sich Joe Biden nicht ausruhen
Von da aus entwickelte er sich in Kranzform zum Ehrenzeichen erfolgreicher Kriegsherren, herausragender Poetinnen und Poeten, der Spitzen der Sportwelt, kurz, hochverdienter Gewinnerinnen und Gewinner. Während anderes Laub mitunter kriegerischen Beigeschmack hat, man denke nur an das Eichenlaub mit Schwertern, ist Lorbeer ein friedliches Symbol.
Was Mao Tse-Tung meinte, als er anmahnte, wer sich auf seinen Lorbeeren ausruhe, trage sie an der falschen Stelle, bedarf keiner besonderen Vorstellungskraft. Jedenfalls gilt es nicht als positiver Charakterzug, sich auf den Lorbeeren auszuruhen.
Dazu hat Joe Biden als neugewählter Präsident der Vereinigten Staaten sicher keine Zeit, zumal er bisher vor allem Vorschusslorbeeren erhielt. Und die beinhalten die Gefahr von überzogenen Erwartungshaltungen und damit von Enttäuschungen über ausbleibende Erfolge.
Joe Biden begann gleich mit der Aufarbeitung der Politik seines Vorgängers
Immerhin ist Joe Biden jetzt endgültig aus dem mit Willkür, Grausamkeit und Zynismus gemischten Chaos seines Vorgängers als Sieger hervorgegangen. Und er ruht sich nicht aus, sondern begann gleich nach seiner Vereidigung mit der Arbeit. Auf dem Schreibtisch im Weißen Haus stapelten sich bereits, von seiner Administration medienwirksam aufgeschichtet, die Unterschriftenmappen.
Es begann damit die Reparatur der schlimmsten von seinem Vorgänger angerichteten Schäden. Rückkehr ins Pariser Klimaabkommen, Ausstieg aus dem Ausstieg bei der Weltgesundheitsorganisation, Vermenschlichung des Umgangs mit Migrantinnen und Migranten und deren Kindern, Baustopp für die aus Dummheit, Beton und Stahl errichtete Mauer zu Mexiko, ein Moratorium für die Erdölförderung im arktischen Naturschutzgebiet. Damit bringt Biden nicht nur die einstigen Wahlversprechen des Donald Trump zu Fall, sondern verdient sich auch, kaum im Amt, die ersten präsidentiellen Lorbeeren.
Auf Joe Biden liegen als US-Präsident hohe Erwartungen
Das Gefängnis in Guantanamo mit den von der Welt fast vergessenen 40 Insassen, das auch Barack Obama nicht schloss, die gefährlich liberalen Waffengesetze, die Todesstrafe und Menschen, die dazu verurteilt sind, die Abschaffung der Befugnis des US-Präsidenten, im Alleingang einen Atomkrieg auszulösen, die Verlängerung des Vertrags mit Russland zur Begrenzung von Atomwaffen, die Einigung einer tief gespaltenen Nation, die Eindämmung der Pandemie, das und vieles mehr wartet auf Lösungen, die man sich von Joe Biden erhofft.
Dass Lady Gaga bei seiner Amtseinführung die Nationalhymne sang, eine gefeierte moderne Künstlerin statt martialischer Militärshow, war ein wohlklingender Hinweis auf den Paradigmenwechsel in der US-Politik. Der symbolisierte Zweig, den die goldene Friedenstaube auf Lady Gagas Bluse im Schnabel trug, stammt eigentlich vom biblischen Ölbaum. Oder war das schon ein Ästchen von Bidens künftigem Lorbeerkranz?