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Gute Nacht, Deutschland – Ein alter Mann tobt sich aus

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Von: Katja Thorwarth

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Henryk M. Broder provoziert seit neuem auch auf Servus-TV. (Archivbild)
Henryk M. Broder provoziert seit neuem auch auf Servus-TV. (Archivfoto) © Jörg Carstensen/dpa

Welt N24 hat mit Servus TV ein Format aus dem Boden gestampft, das Springer-Kolumnist:innen unterbringt. Auch Henryk M. Broder darf sich austoben. Die Kolumne.

Frankfurt – Diverse Twitter-Aktivist:innen – im Zweitberuf auch bei Springer tätig – hadern schon länger mit den öffentlich-rechtlichen Sendern. Ob wegen Jan Böhmermann oder der Berichterstattung zu Corona: Stets beklagen die Kritiker:innen abwechselnd die 18,36 Euro Rundfunkgebühr oder „Erziehungsmaßnahmen“ links-grün-versiffter Journalist:innen, obwohl sie gerne auf den Stühlen der Polit-Talkshows Platz nehmen.

Beispiel Anna Schneider, „Chefreporterin Freiheit bei Welt“ (Selbstauskunft auf Twitter). Jenseits ihrer Blase kennt Schneider eigentlich nur, wer selbst hin und wieder in dem Medium herumstolpert. Dennoch saß sie schon bei Sandra Maischberger und durfte kürzlich gar die „Anpassung an den Klimawandel“ anstatt dessen Bekämpfung anpreisen. „Gequirlter Nonsens“, kommentierte Luisa Neubauer, die jenen gar nicht mitbekommen hätte, wäre Schneiders Expertise im brandneuen, Springer-eigenen TV-Format ausgestrahlt worden.

Servus TV und Springer: Erwartungshaltung nach Krawall-TV ist gewaltig

Welt N24 hat nämlich gemeinsam mit Servus TV eine Sendung aus dem Boden gestampft, die nicht nur ihr ein festes Plätzchen im Meinungsdschungel des Kleinsenders sichert. „Guten Abend Deutschland“, heißt das neue Vorabendmagazin, das auf Meedia mit den Konterfeis unter anderem von Schneider, Harald Martenstein, Henryk M. Broder und Stefan Aust beworben wird.

Henryk M. Broder
Henryk M. Broder auf der Frankfurter Buchmesse 2013. © imago stock&people / Imago Images

Da ist die Erwartungshaltung nach Krawall-TV, wie es regelmäßig die „Bild“ produziert, gewaltig, doch tatsächlich spielen Genannte nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr fühlt man sich an die öffentlich-rechtlichen Morgenmagazine erinnert, wenn in kleinen Einspielfilmchen Alltagsprobleme visualisiert werden, oder sich das Moderatorenduo in kumpelhafter Anbiederung an das Publikum anwanzt. Moritz Hürtgen spricht in den „Übermedien“ gar von einem „Klon“.

Aber Welt N24 und Servus TV haben sich natürlich etwas dabei gedacht, den Meinungspart einzig aus der Springer- beziehungsweise rechtslibertären Blase zu rekrutieren, auf dass endlich einmal dieses vermeintlich linke Meinungskartell durchbrochen werde.

„Die Achse des Guten“-Mitbegründer Broder kann junge Klimaaktivistinnen wohl nicht leiden

Am 16. Januar war es Henryk M. Broder, Welt-Autor und Mitbegründer des rechten Blogs „Die Achse des Guten“, der die „letzte Schlacht“ (Servus TV) um Lützerath kommentieren durfte. Vorab: Dass Broder linke Klimaaktivist:innen wohl nicht ausstehen kann, dafür hätte er sich nicht ins Studio schaffen müssen.

„2030 ist Schluss mit der Kohlegewinnung, ein vorzeitiges Ende der Protestaktionen ist aber nicht zu erwarten“, schließt zunächst der Einspieler schon ziemlich ballaballa. Doch Broder braucht ja einen ordentlichen Aufhänger.

Auf Teufel komm raus provozieren: Henryk M. Broder auf Servus TV

Der spricht denn auch von einem „Kriegsszenario“, das den „jungen Leuten Spaß gemacht“ hätte, und deren „Grundannahme“ sowieso völlig verkehrt sei, „das Klima retten zu können“. Die wollten der Welt wohl eh nur klimatechnisch zeigen, wo’s lang geht, und überhaupt habe es schon immer in einer Katastrophe geendet, wenn „Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen wollte“. Sagt der 76-Jährige zu den ganzen Dummerle, die scheint‘s in erster Linie eben nicht protestierten, weil der Planet abschmiert, sondern weil sie sich „kein eigenes Auto leisten“ könnten und im Kern sowieso (introvertierte) „Nationalisten“ seien.

Wow, aber beinahe traurig, wie der alte Mann mit seiner geballten Ignoranz auf Teufel komm raus provozieren will – ihm dafür aber gerade einmal knapp vier Minuten eingeräumt werden. Die jedoch markieren immerhin, warum Servus TV komplett aus der Channel-Liste entsorgt gehört. (Katja Thorwarth)

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