Klimaschutz fehlt
Das G20-Treffen zu Afrika hat sich nicht mit erneuerbaren Energien beschäftigt. Dieser Fehler gefährdet das Zwei-Grad-Ziel.
Die Bundesregierung hat zurecht Afrika zu einem Schwerpunkt der deutschen G20-Präsidentschaft gemacht. Im Mittelpunkt stehen wirtschaftliche Stabilität, Wachstum und Investitionsbedingungen. Während des „Afrika-Gipfels“ in Berlin wurde aber das Thema Klimaschutz ausgespart. Das ist umso merkwürdiger, da sich die Vereinten Nationen (UN) mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen dafür einsetzen, gesellschaftliche Ziele wie Wachstum und Umweltschutz in einem integrativen Ansatz zu betrachten.
Die afrikanischen Staaten südlich der Sahara wären eine der am stärksten von den Folgen eines ungebremsten Klimawandels betroffenen Region. Afrika ist aber auch wichtig bei der Lösung des Problems. Wenn es dort nicht gelingt, Entwicklung und Wirtschaftswachstum auch ohne das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas im großen Stil zu meistern, werden die Entwicklungs- und Klimaziele nicht zu halten sein.
Fast alle anderen Länder haben in der Vergangenheit ihren wachsenden Energiehunger nicht mit Erneuerbaren, sondern mit billiger, reichlich vorhandener Kohle gestillt. Solch eine Entwicklung ist aber nicht unausweichlich. Sie kann durch kluge Politik in eine nachhaltige Richtung gelenkt werden. Zumal die Weichenstellung erleichtert wird, weil in weiten Teilen Afrikas die Energieinfrastruktur noch wenig entwickelt ist. Gerade Afrika verfügt über reichhaltige klimafreundliche Alternativen zu fossilen Energiequellen, insbesondere Solar- und Windkraft. Für die Pariser Klimaziele wird es entscheidend sein, dass die afrikanischen Staaten bei ihrer Entwicklung die alten, schmutzigen Technologien überspringen und direkt auf moderne, saubere Energien setzen.
Zwar liegen die Emissionen in der Sub-Sahara derzeit mit weniger als einer Tonne Kohlendioxi (CO2) pro Kopf und Jahr noch unter dem globalen Durchschnitt von etwa fünf Tonnen und erst Recht unter dem Deutschlands. Die Emissionen stiegen jedoch in Afrika in den vergangenen zehn Jahren rasant an – in manchen Staaten im zweistelligen Prozentbereich. Schließen diese Länder bei Emissionen zu China auf, wäre das in Paris beschlossene Zwei-Grad-Ziel selbst dann nicht mehr zu erreichen, wenn der Rest der Welt rasch auf eine CO2-arme Wirtschaftsweise einschwenkt.
Trotz starker Kostensenkungen für erneuerbare Energien in den letzten Jahren sind diese in Afrika immer noch teurer als konventionelle Energien. Das liegt an den hohen Anfangsinvestitionen für Erneuerbare sowie hohen Kapitalkosten, weswegen nicht genügend günstige Kredite für grüne Technologien zur Verfügung stehen. Um das Ziel der „African Renewable Energy Initiative“ zu erreichen, bis zum Jahr 2030 zusätzlich 300 Gigawatt erneuerbare Energien zuzubauen, sind die G20 gefragt, ihrer Verantwortung als größte Wirtschaftsmächte der Welt nachzukommen. Sie sollten finanzielle Mittel zur Verfügung stellen und durch „Green Finance“ den Zugang zu internationalen Kapitalmärkten erleichtern.
Emissionsvermeidung ist nicht nur eine Frage der Kosten, sondern auch des politischen Willens. Ein Preis auf Emissionen, etwa durch eine CO2-Steuer, würde dafür sorgen, dass sich die sozialen Kosten wie Gesundheits- und Umweltschäden in den individuellen Konsum- und Investitionsentscheidungen widerspiegeln. Damit würden Anreize gesetzt, Emissionen dort zu vermeiden, wo dies am kostengünstigsten ist. Gleichzeitig entstünden zusätzliche Staatseinnahmen, die verstärkt in Bildung, Gesundheit und den Zugang zu Infrastruktur wie sauberem Wasser und Elektrizität investiert werden könnten.
Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Die bestehenden Subventionen für fossile Energieträger in vielen Ländern wirken wie ein negativer CO2-Preis und liefern damit Anreize für klimaschädliches Verhalten. So wird etwa in Angola und Nigeria der Ausstoß einer Tonne CO2 mit 35 bis 55 US-Dollar unterstützt, überwiegend in Form niedriger, staatlich kontrollierter Preise für Benzin und Diesel. Die Subventionen belasten auch die Staatshaushalte und binden Mittel, die ansonsten für andere wichtige gesellschaftliche Ziele verwendet werden könnten.
Der Abbau dieser Subventionen und die schrittweise Einführung positiver CO2-Preise wären wichtige Schritte um soziale Entwicklung und ökologische Nachhaltigkeit miteinander zu vereinen. Nur wenn sie die Nachhaltigen Entwicklungsziele ernst nehmen, können die G20 einen Beitrag leisten, damit sich Afrika nicht in das nächste China verwandelt.
Michael Jakob koordiniert die „Task Force Public Economics“ am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC).
Jan Steckel leitet die MCC-Arbeitsgruppe „Klimaschutz und Entwicklung“. Als Mitglieder von Netzwerk T20 erarbeiten beide Politikempfehlungen für die G20.