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Islamischer Staat Amerika

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Von: Arno Widmann

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Britta Waldschmidt-Nelson hat die erste umfangreiche deutsche Biografie des radikalen US-amerikanischen Schwarzenführers Malcolm X geschrieben. Die Friedfertigen, die Martin Luther King folgten, waren Baptisten, Methodisten. Die Radikalen aber waren Black Muslims.

Britta Waldschmidt-Nelson hat die erste umfangreiche deutsche Biografie des radikalen US-amerikanischen Schwarzenführers Malcolm X geschrieben. Heute über ihn und die Black-Power-Bewegung der Jahrhundertmitte zu lesen, rückt einen Aspekt des Kampfes der Afroamerikaner ins Zentrum, der damals von vielen nicht so ernst genommen wurde: Die Friedfertigen, die Martin Luther King folgten, waren Baptisten, Methodisten. Die Radikalen aber waren Black Muslims.

Sie sogen gierig die Lehren von Elijah Muhammad auf. Der baute nicht nur die Organisation „The Lost-Found Nation of Islam in the Wilderness of North America“, kurz The Nation of Islam, aus, sondern schuf auch ein perfektes Regelwerk von Sitten und Gebräuchen, Glaubensvorstellungen und -vorschriften. Wer Mitglied der Nation of Islam wurde, ersetzte zum Beispiel seinen Nachnamen durch ein X. So wurde die alte Identität durch eine neue, allen Mitgliedern der Organisation gemeinsame Identität ersetzt.

Elijah Muhammad lehrte, dass es am Anfang eine friedliche Menschheit gegeben habe, Schwarze, die im Niltal lebten. Ein böser Wissenschaftler habe dann vor 6600 Jahren die Weißen, eine böse Menschenrasse, erfunden. Die übernahmen die Macht, unterwarfen die Schwarzen. Bis im Jahre 1930 Allah selbst auf die Erde kam, nach Detroit, um dort als „Master W.D. Fard“ die Nation of Islam zu gründen.

Eines der Ziele der Organisation war es, den Weißen Territorium der USA zu entreißen, um dort einen islamischen Staat aufzubauen. Man wird die in bestimmten Milieus der USA grassierende Islamophobie nicht begreifen können, ohne sich vor Augen zu halten, dass der Islam für die USA gerade keine Bedrohung von außen ist, sondern im 20. Jahrhundert jahrzehntelang einen Teil der Nation zerriss. Es gab und gibt bei schwarzen Muslimen eine politischen Theologie, die das Streben nach Glück einbettet in die Verehrung Allahs und Mohammeds. Einer der berühmtesten war der als Cassius Clay geborene Muhammad Ali. In seinen Augen und in denen seiner Anhänger waren seine Fäuste die Allahs. Jeder Schlag, den er führte, war einer gegen die weiße, gegen die christliche Vorherrschaft.

Der Kampf der Kulturen fand auf amerikanischem Boden statt. Es war ein Kampf um Macht und Einfluss, um Geld und Bildung, aber auch um den Sittenkodex und die richtige Religion. Keines der heute weltweit debattierten Themen, das nicht damals schon in den Straßen von Chicago – Obamas Heimatstadt –, Detroit und New York heftig diskutiert und gerappt wurde: Gewalt oder friedliche Opposition, Islam oder Christentum, Grundrechte oder Islamischer Staat.

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