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Run auf Öl- und Gasheizungen - Die Ampel könnte die Energiewende vergeigen

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Von: Joachim Wille

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Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, sitzt in der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.
Hohe Unzufriedenheit mit seiner Arbeit: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, sitzt in der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag. © dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Bundesregierung muss das Gesetz zur Wärmewende sozial austarieren, aber nicht verschieben.

Das ist die Wärmewende verrückt. Die Nachfrage nach Erdgasheizungen boomt, und sogar die Ölheizung erlebt ein Revival. Der Hersteller Bosch meldet so viele Anfragen für Ölkessel, dass die Produktionskapazitäten nicht mehr ausreichen.

Umgekehrt sinkt das Interesse der Hausbesitzer:innen an Wärmepumpen, jenen Wundermaschinen, die dem Klimaschutz im Gebäudesektor einen Push geben sollen. Die Zahl der Förderanträge für Zuschüsse zu den Öko-Heizungen ist dramatisch eingebrochen. Das zeigt: Die Menschen sind von dem heftigen politischen Streit um das Heizungsgesetz der Ampel-Bundesregierung stark verunsichert. Das Ergebnis ist grotesk. Das CO2-Sparen im Gebäudesektor wird gebremst, statt vorangebracht. Die Ampel droht ein Kernelement der Energiewende zu vergeigen.

Wärmewende in Deutschland: Der Gebäudesektor ist ein Klimakiller

Eine warme Wohnung im Winter, immer warmes Wasser, wenn man den Hahn aufdreht. Das gehört zu den Annehmlichkeiten des modernen Lebens, und keiner will diese Standards aufgeben. Gleichzeitig ist der Gebäudesektor ein Klimakiller. Über ein Drittel des Energieverbrauchs in Deutschland geht auf sein Konto, entsprechend hoch ist der CO2-Ausstoß, denn die Versorgung ruht vor allem auf Erdgas und Erdöl.

Jan Brockmann ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Bosch Thermotechnik GmbH und zeig im Ausstellungsraum auf eine Wärmepumpe. Die Sorgen um die fossile Energieversorgung hat der Wärmepumpe vergangenes Jahr zu einem Boom verholfen. Jetzt verdient Bosch viel Geld mit neuen Ölkesseln.
Jan Brockmann ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Bosch Thermotechnik GmbH und zeig im Ausstellungsraum auf eine Wärmepumpe. Die Sorgen um die fossile Energieversorgung hat der Wärmepumpe vergangenes Jahr zu einem Boom verholfen. Jetzt verdient Bosch wieder viel Geld mit neuen Ölkesseln. © Marijan Murat/dpa

Das ist bekannt. Doch die bisherigen Bundesregierungen betrieben die Wärmewende allenfalls halbherzig. Gerade auch unter CDU-„Klimakanzlerin“ Angela Merkel wurde die durchgreifende energetische Sanierung der Gebäude, vor allem der „Energieschleudern“ aus den 1950er bis 1970er Jahren, auf die es besonders ankommt, immer wieder verschleppt. Kaum eine andere europäische Industrienation ist im Wärmesektor so abhängig von fossilen Energien wie Deutschland.

Habeck schafft es nicht, seinen Gesetzentwurf richtig darzustellen

Diese düstere Zeit schien zu Ende zu gehen. Die „Fortschritts-Koalition“ hatte sich vorgenommen, endlich in die Spur zu kommen, vor allem durch den sukzessiven Umstieg vom Öl- und Gas-Verbrennen auf zukunftsfähige Heizsysteme. Wie wichtig das ist, unterstrich dann der fossile Energiepreis-Schock infolge von Putins Ukraine-Krieg. SPD, Grüne und FDP zogen den Start des Projekts deswegen sogar noch ein Jahr vor, auf 2024. Doch dann ging alles schief, was schiefgehen konnte.

Der früher hochgelobte Grünen-Oberkommunikator Robert Habeck schaffte es nicht, seinen geleakten, vom Kampagnen-Fachblatt Bild als „Heizungs-Hammer“ diffamierten Gesetzesentwurf richtig darzustellen und die geplante Förderung für die neuen Heizungen zu verbessern, vor allem unter sozialem Gesichtspunkt.

Viele glaubten aufgrund der Desinformationskampagne tatsächlich, existierende Öl- und Gasgeräte sollten verboten oder dürften nicht mehr repariert werden. Die FDP betätigte sich als Opposition in der Regierung, in dem sie das energetisch unsinnige, weil viel zu verlustreiche Heizen mit Wasserstoff als Zukunftsoption durchsetzte. Es verfestigte sich der Eindruck, die Ampel habe gar kein Konzept für die Wärmewende. Regierungskunst geht anders.

Union ist die Heizungs-Kampagne nicht zu verdenken - doch der Schlag gegen die Wärmewende ist perfide

Klar, dass die Opposition aus diesem Wirrwarr jetzt mit ihrer Unterschriftenkampagne „Fair-Heizen“ Vorteile zu ziehen versucht. Es ist ihr nicht zu verdenken. Doch dass die Union mit Horrorszenarien arbeitet, um im Wahlvolk zu punkten, und dabei die ganze Wärmewende in Misskredit bringt, ist perfide.

CDU und CSU überbieten sich mit Hausnummern für die Umbaukosten, die Hauseigentümer angeblich aufzubringen haben. 100.000 Euro, sogar 150.000 Euro, wer bietet mehr? Dass schon im Ampel-Entwurf Härtefallregelungen vorgesehen sind, unterschlägt die Union, ebenso, dass eine weitere Verzögerung der Wärmewende alles andere als günstig für alle zu werden droht, die weiter mit Öl und Erdgas heizen. Schon jetzt ist etwa Gas im Schnitt doppelt so teuer wie vor dem Ukraine-Krieg, und wer weiß, welche Preis-Turbulenzen künftig drohen.

Das Modell Wärmepumpe funktioniert - das zeigt zum Beispiel Dänemark

Dass die Union Angst und Schrecken wegen der Wärmepumpe verbreitet, darf man ihr nicht durchgehen lassen, denn es führt zu der eingangs erwähnten Panik. Wenn Hausbesitzer:innen jetzt noch wegen der „existenziellen Angst vor dem, womit ihnen die Bundesregierung droht“ (O-Ton Kampagne), Öl- und Gasheizungen einbauen lassen, torpediert das die Ziele Deutschlands, bis 2045 klimaneutral zu werden.

Dass die Umstellung von fossilen Heizungen auf effiziente Wärmepumpen funktionieren kann, zeigen andere europäische Länder, wie Vorbild Dänemark, das die Neuinstallation von Öl- und Gasheizungen bereits vor Jahren verboten hat. In Skandinavien werden schon lange Gebäude mit Wärmepumpen beheizt und Fernwärmenetze mit Großwärmepumpen betrieben, ergänzt mit Abwärme-, Biomasse- und Erdwärme-Nutzung.

Deutschland muss hier aufholen, und deswegen muss die Ampel das Gesetz zur Wärmewende zwar besser sozial austarieren, sprich die Förderung einkommensabhängig erhöhen, und möglicherweise Fristen anpassen, bis genügend Wärmepumpen am Markt vorhanden sind. Es aber nicht verschieben. Zum Glück hat sich die SPD jetzt in diesem Sinne positioniert. Das ist immerhin die Kanzlerpartei.

Joachim Wille

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