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Die Google-Diktatur

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Google wird immer mächiger.
Google wird immer mächiger. © afp/symbolfoto

Die US-amerikanische Internet-Firma Google entwickelt sich immer mehr zur Supermacht. Es gibt inzwischen kaum einen Bereich des Internets, wo der Konzern nicht Und wir alle helfen ihr auch noch dabei.

Von Ute Scheub

Rund 90 Prozent der Internetnutzenden in Deutschland googeln immer noch. Das heißt: wahrscheinlich auch Sie. Und Sie. Und Sie. Und das, obwohl Edward Snowden mehrfach mitteilen ließ, dass Google im US-Überwachungsimperium eine zentrale Rolle spielt. Und obwohl selbst die EU-Kommission jetzt Bauchschmerzen bekommt. Und Sie unterstützen das, weil Sie zu bequem sind, die standardmäßig auf Google eingestellten Eingabemasken an PC oder Smartphone zu ändern?

Wann in der Weltgeschichte haben potenzielle Opfer den Weg eines Superdiktators in seine totalitäre Welt so fleißig und bereitwillig mit roten Rosen bestreut? „Nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber“, lautete eine Parole der Spontis in den 1970er Jahren. Medien können über die Machenschaften des Datenimperators noch und nöcher berichten – Internet-User googeln lustig weiter.

Selbst in linksliberalen Medien sind Internet-Startseiten auf Google eingestellt. Das Wissen von Redaktionen, Unternehmen und Wissenschaftlern anzuzapfen war nie leichter als heute. Man braucht nur zu verfolgen, welche Suchwörter eingegeben wurden, schon weiß man, wie die nächsten Enthüllungen oder Informantennetze aussehen.

Mit jeder Google-Suche verraten Sie Ihre Interessen, Ihren Freundeskreis, vielleicht sogar Ihre intimsten Geheimnisse. Wer „Google Now“ oder „Google Maps“ auf Smartphones benutzt, verrät damit alle Aufenthaltsorte – einschließlich so heikler wie einer Frauenarztpraxis oder eines Bordells. Google durchforstet Ihre Kommunikation nach Stichwörtern, speichert und bündelt Ergebnisse, um „situative“ Werbung zu platzieren beziehungsweise online zu versteigern. Notorische Googler sorgen für eine ständige Aktualisierung ihrer Datensätze und machen das Superunternehmen so zum weltweiten Daten-Monopolisten. „Wir formen unsere Werkzeuge, danach formen sie uns“, sagte einst Winston Churchill.

Datenhändler kaufen solche Informationen und kombinieren sie mit Online- und Offline-Quellen: Kredit- und Kundendaten, öffentliche Verzeichnisse, Mitgliederkarteien, Informationen über Zahlweisen oder Mietschulden. Daraus erstellen sie per Algorithmen detaillierte Personenprofile. Die Firma „Equifax“ kann von Zehntausenden persönlich identifizierbarer Menschen sagen, welches Shampoo sie bevorzugen und wie viel Whisky sie im letzten Monat konsumierten. „Acxiom“ verfügt über Daten von 500 Millionen aktiven Usern weltweit, 44 davon in Deutschland. In den USA legte „Acxiom“ Persönlichkeitsprofile von rund 75 Prozent der Bevölkerung an.

Google steckt seine Nase in alle Geschäfte, die es mit seinen Schnüfflerdaten erriechen kann. Es baute das soziale Netzwerk Google+ und den E-Mail-Anbieter Gmail auf, stieg ins Smartphone-Geschäft ein, kaufte Youtube, baute das Betriebssystem Android, entwickelte die Raumüberwachungsbrille GoogleGlass, erwarb Roboterhersteller wie DeepMind, verlegt Glasfaserkabel, startet Ballon- und Drohnenprojekte, bastelt am selbstfahrenden Auto, baut das Menschenhirn nach und erstellt eine Datenbank mit dem gesamten Menschheitswissen. Laufend kauft das Imperium neue Firmen und die angeblich klügsten wissenschaftlichen Köpfe auf, auch solche Gruselfiguren wie Ray Kurzweil, die ernsthaft daran forschen, wie sie den Tod abschaffen können.

Globales Netzmonopol

Selbst Mathias Döpfner, als Chef des Springer-Konzerns weder links noch kapitalismuskritisch, warnte 2014 in einem Brief an Google-Chef Eric Schmidt vor dessen „globalem Netzmonopol“. Google unterstütze die Entwicklung „riesiger Schiffe und schwimmender Arbeitswelten“, die „auf offenem Meer, also in staatenlosem Gewässer, kreuzen und operieren können“. Heißt das, fragt er weiter, „Google plant für alle Fälle die Operation im rechtsfreien Raum, ohne lästige Kartellämter und Datenschutz? Eine Art Überstaat, der sein schwimmendes Reich ungestört an allen Nationalstaaten vorbeinavigiert?“

Geheimdienste und Militär standen bei der Gründung von Google Pate. Das behauptet Nafeez Ahmed, Journalist aus Großbritannien, in seinem kürzlich in „Medium“ erschienenen Artikel „How the CIA made Google“. Er zeichnet nach, wie der neue datengeheimdienstliche Komplex entstand – analog jenem „militärisch-industriellen Komplex“, vor dessen Einfluss der frühere US-Präsident Dwight D. Eisenhower 1961 gewarnt hatte.

Ahmed zählt enge personelle Verquickungen zwischen Pentagon, NSA, CIA und Datenkonzernen auf. Ein gemeinsames Programm von NSA und CIA habe Ende der 1990er Jahre den Gründern Sergey Brin und Larry Page geholfen, „das Herz von Google zu entwickeln“, schreibt er. Geheimdienstoffiziere hätten den Aufbau der Suchmaschine noch vor ihrem Launch begleitet, und Google habe einen „bedeutenden“ Teil seines Startkapitals aus Pentagon und Geheimdiensten erhalten.

Nur dumm für Google, dass es inzwischen Suchmaschinen gibt, die es mit dem Superkonzern in Silicon Death Valley beinahe schon aufnehmen und im PC-Lesezeichenmenü oder als Startseite leicht installiert werden können. www.startpage.com und ixquick.de speichern keine Kundendaten, genauso wenig wie duckduckgo.com.

Aber bitte, googeln Sie doch weiter. Ziehen Sie sich die Haut ab und Ihre Seele aus und schmeißen Sie sie dem größten Datensauger aller Zeiten, dem GröDaZ und seinen totalitären Plänen, in den Rachen. Sie wird ihm schmecken.

Ute Scheub ist Publizistin in Berlin und hat zuletzt das Buch „Glücksökonomie – wer teilt, hat mehr vom Leben“ veröffentlicht. Scheub ist Publizistin in Berlin und hat zuletzt das Buch „Glücksökonomie – wer teilt, hat mehr vom Leben“ veröffentlicht.

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