Sehr geehrter Wirtschaftsminister Habeck,

Frust, Unverständnis und Enttäuschung – all diese Reaktionen erfahre ich von meinen Mitmenschen in den letzten Tagen. Es geht um die Pläne der Bundesregierung, ein großes Flüssiggasterminal an der Küste von Rügen zu errichten.
Als junger Mensch, geboren und wohnend auf Deutschlands größter Insel, finde ich das Vorgehen Ihres Ministeriums mehr als unverständlich. Während unsere Petition gegen die Aufnahme von LNG-Terminals vor/auf Rügen in das LNGG (Beschleunigungsgesetz für LNG-Projekte) am 8. Mai im Petitionsausschuss behandelt wurde, stand wohl schon längst ein neuer Standort fest.
Diese Nachricht kam dann sehr überraschend, einen Tag später. Sie schrieben Ihrem Amtskollegen in Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Meyer, schon am 5. Mai einen Brief. Dieses Schreiben verkündete, dass sich die Bundesregierung auf ein Terminal in Mukran, in einem Hafen direkt an Rügens Küste, geeinigt habe.
„Nach intensiver Prüfung möglicher Standorte im Ostseeraum ist der Hafen Mukran der am besten geeignete Standort für die kurzfristige Anlandung von LNG im Ostseeraum.“ So formulierten Sie Ihre Position im Schreiben. Ihre Aussage bestätigt in meinen Augen, dass Ihr Staatssekretär von dieser Vorfestlegung gewusst haben musste. In der Petitionsausschuss- sitzung wurde dies allerdings, auch auf Nachfrage, so nicht vermittelt. Mukran befindet sich in unweiter Entfernung zu Rügens bekanntem Tourismusort Binz und in der Nähe zu den bekannten Kreidefelsen.
Doch nicht nur für den Tourismus, welcher direkt oder indirekt die Lebensgrundlage fast aller Menschen auf der Insel darstellt, ist ein Industriehafen vor Rügen fatal. Auch hinsichtlich des Umwelt- und Klima- schutzes sind diese Pläne höchst problematisch. Ist der Bundesregierung wirklich daran gelegen, das 1,5-Grad-Ziel auch nur annähernd einzuhalten, müssen Sie von solch großen Projekten absehen.
Sollten Sie das Gefühl haben, dass der Widerstand auf der Straße aus Sympathie zum Standort Mukran abnimmt, muss ich Sie leider enttäuschen. Wir haben nun jede Woche eine Demonstration oder Veranstaltung gehabt. Beinahe täglich kamen neue Erkenntnisse oder Entwicklungen. Rügen ist müde. Nicht von den Protesten, sondern müde davon, weiterhin das Gefühl vermittelt zu bekommen, dass die Perspektiven der Menschen, die dieses Vorhaben betrifft, nicht einbezogen werden. Das scheint leider nicht der Fall zu sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Malte Paschirbe
Hier schreiben alle zwei Wochen Aktivistinnen und Aktivisten der „Fridays for Future“-Bewegung.