Konsequenter gegen Geldwäsche vorgehen

Deutschland muss für mehr Transparenz sorgen, um Finanzströme besser als bisher einzudämmen. Der Gastbeitrag.
Deutschland ist ein Geldwäscheparadies. Die schwierige Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter, also natürlicher Personen, die in Schattenfinanzstrukturen ihre Vermögen verstecken, macht es zu einem besonders attraktiven Zielort für inkriminierte Vermögen – nicht zuletzt aus Russland.
Als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wurden umfassende Sanktionen gegen Kreml-nahe Individuen und Organisationen verhängt. Bislang hapert es jedoch bei der Umsetzung dieser Sanktionen. Lediglich rund fünf Milliarden Euro Vermögen wurden in Deutschland eingefroren und ein Bruchteil davon endgültig eingezogen, obwohl das Anlagevermögen russischer Herkunft im Ausland auf bis zu 1000 Milliarden US Dollar geschätzt wird.
Diese Ergebnisse zeigen zugleich die Defizite in der Aufdeckung illegaler Vermögenstransfers in und nach Deutschland auf. Die Gewinner von Korruption, die außerhalb unserer Grenzen stattfindet, nutzen globale Netzwerke zur Verschiebung von Vermögen und suchen sichere Häfen zur Anlage. Sogenannte Enablers oder auch ausgewiesene Rechts- und Finanzberater helfen Ihnen dabei, ihre Identität und die Herkunft ihrer Vermögen in komplexen globalen rechtlichen Strukturen zu verschleiern.
„Enabler“ handeln nicht zwingend rechtswidrig, dennoch prägt ihre fehlende ethische Messlatte die unzureichende Integrität unseres Finanzwesens. Selbst wenn gleichzeitig Deutschland und die „Enablers“ von diesem Zufluss ausländischer Vermögen zu profitieren scheinen, entstehen aber gefährliche Abhängigkeiten und Möglichkeiten der Einflussnahme auf die deutsche Politik und Wirtschaft. Schätzungen zufolge werden 100 Milliarden Euro nur in Deutschland jährlich gewaschen, der Transfer illegaler Finanzströme geht weit darüber hinaus.
Die Financial Action Task Force (FATF) der OECD kritisiert in ihrem jüngsten Bericht mangelndes Problembewusstsein auf allen politischen Ebenen, fehlende Aufsicht über Verpflichtete im Geldwäschebereich und unzureichende Ermittlung wie Strafverfolgung als Ursachen. Hinzu kommt, dass komplexe internationale Finanzstrukturen sich den aufsichtführenden Stellen und Strafverfolgern mangels deutscher sowie fehlender europäischer Vernetzung (noch) nicht erschließen.
Auch der Finanzbereich braucht eine Zeitenwende. Um illegale Finanzströme endlich einzudämmen, muss Deutschland insbesondere folgende Maßnahmen umsetzen. Deutschland muss endlich ein zentrales, bundeseinheitliches Datenbankgrundbuch zu den wirtschaftlichen Eigentumsverhältnissen aller Immobilien schaffen. Grundbuchdaten und Daten des Transparenzregisters können bereits heute digital vernetzt werden, um einen schnellen Zugriff der Ermittlungsbehörden auf die großen Immobilienwerte aus Schattenfinanzen zu erlauben.
Die Aufsicht über die Verpflichteten im Nichtfinanzbereich muss bundeseinheitlich koordiniert und durchgesetzt werden. Gerade für die „Enablers“ scheitert die Aufsicht in ihrer Durchsetzung an komplexen Regelwerken und der Selbstaufsicht der Verpflichteten-Gruppen, die die zersplitterten Länderbehörden mangels zureichender Kapazitäten überfordern.
Auf neuer gesetzlicher Grundlage mit erweiterten Befugnissen muss ein Bundesfinanzkriminalamt die Identifizierung von inkriminierten Vermögen und ihrer Akteure auch über Deutschland hinaus ermöglichen. Da Vermögen ungeklärter Herkunft oft einen internationalen Bezug aufweisen, muss eine europäische und internationale Vernetzung auf der Grundlage von einheitlichen Transparenzregistern eine Verfolgung in Verdachtsfällen erlauben.
Die Umkehr der Beweislast in Verdachtsfällen ist ein zentrales Instrument der Gefahrenabwehr im Kampf gegen illegales Vermögen. Wenn die wahre Eigentümerschaft unklar ist und Risikofaktoren Zweifel an der legalen Herkunft belegen, liegt es an dem Beschuldigten, legalen Erwerb nachzuweisen.
Anderenfalls können die Vermögen eingefroren und sogar durch gerichtliches Urteil konfisziert werden. Italien hat beispielsweise bereits eine Beweislastumkehr in seiner Anti-Mafia-Gesetzgebung verankert und setzt damit den Zugriff auf dubiose Vermögen effektiv durch. Mehr Transparenz wagen, illegale Finanzströme aufdecken. Nur so kann Deutschland vom Geldwäscheparadies zum Geldwäscher- Albtraum werden.
Stephan K. Ohme leitet die Arbeitsgruppe Finanzwesen von Transparency Deutschland.