Klimaschutz statt giftiger Handel

Das geplante Abkommen zwischen EU und Mercosur muss neu verhandelt werden. Der Gastbeitrag.
In Berlin spricht die Bundesregierung viel davon, die Klima- und Artenkrise zu bekämpfen. Mit Südamerika will sie aber ein Handelsabkommen abschließen, das klima- und naturschädliche Produkte wie Rindfleisch, Pestizide und Diesel- und Benzinmotoren fördert. Das passt nicht zusammen und ist scheinheilig.
Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sind erst in den Amazonas-Regenwald und dann zu den deutsch-brasilianischen Wirtschaftstagen nach Belo Horizonte in Brasilien gereist. Dabei geht es auch um das umstrittene Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosurstaaten. Das zeigt allein ein Blick auf die Liste der Teilnehmenden.
Am Wirtschaftsgipfel nehmen Vertreter:innen verschiedener Konzerne teil, die von der Ratifizierung des Abkommens übermäßig profitieren würden, unter anderem VW und Bayer. Allen voran Robert Habeck muss sich daran erinnern, dass er als Klimaminister kein Handlanger von Industrien werden darf, die die Klimakrise vorantreiben.
Während in der EU von 2035 an nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden sollen, gilt das nicht für deutsche Exporte. Der Giftvertrag EU-Mercosur senkt dafür sogar die Zölle. Ein Segen für die deutsche Automobilindustrie. Hier auf klimaneutral machen, in Südamerika aber weiter die Erderhitzung befeuern.
Das Gleiche gilt auch für die naturfeindliche Chemieindustrie. Denn während es Bayer, BASF und Co. in Deutschland immer schwerer haben, unsere Böden mit ihren Pestiziden zu verseuchen, dürfen sie diese weiterhin nach Südamerika exportieren. Das EU-Mercosur-Abkommen senkt die Zölle für Pestizidexporte. Sogar für solche, die hier in der EU zu gefährlich und deshalb verboten sind.
Nach Angaben des Statistischen Amts der EU (Europäische Union) gehört Deutschland zu den Top drei EU-Staaten, die die meisten Agrargifte in den Mercosur exportieren. Und das mit giftigen Pestiziden behandelte Obst und Gemüse aus Lateinamerika landet dann auch wieder bei uns im Supermarkt. Anstatt die dringend benötigte Agrarwende mit ökologischer Landwirtschaft voranzutreiben, spült der Giftvertrag -Mercosur vor allem weitere Gewinne in die Kassen der deutschen Chemieindustrie.
Es ist Augenwischerei, hier und da ein paar Umweltschutzzusagen in einem Zusatzprotokoll einzubringen, wie die Bundesregierung zurzeit plant. Die durch das Abkommen geförderten Produkte wie Pestizide, klimaschädliche Diesel- und Benzinmotoren sowie Rindfleisch müssen grundsätzlich reduziert werden, um die Klima- und Artenkrise zu bewältigen. Genau das Gegenteil tut aber der EU-Mercosur Giftvertrag.
Das Verhandlungsmandat für das Abkommen wurde 1999 entworfen. In den letzten zwei Jahrzehnten haben sich die Welt, die Gesellschaft und auch die Politik jedoch stark verändert. Dass wir unsere Emissionen verringern und die Natur schützen müssen, steht im Pariser Abkommen, im europäischen Green Deal und nicht zuletzt im Koalitionsvertrag der Ampel.
Der EU-Mercosur-Deal ist mit Umweltschutz aber völlig unvereinbar. Solange dieses Abkommen schädliche Produkte fördert, besteht die Gefahr, dass es beidseitige Bemühungen Lateinamerikas und Europas zum Schutz der Umwelt zunichte macht.
Zudem würde durch dieses Abkommen die jahrhundertelange Ausbeutung der natürlichen Ressourcen im globalen Süden fortgesetzt, zugunsten europäischer Profite. Das ist keine Partnerschaft auf Augenhöhe, sondern Neokolonialismus, der die Weiterentwicklung der Mercosur-Staaten behindert.
Der brasilianische Präsident Lula da Silva und der argentinische Präsident Alberto Fernández haben Bedenken geäußert, dass das Abkommen ihre Länder zu einem ewigen Lieferanten von Agrargütern und Rohstoffen machen beziehungsweise die eigene Industrie gefährden würde. Deswegen fordern sie eine Neuverhandlung des Deals, die EU lehnt das aber ab.
Einen veralteten, klimaschädlichen Vertrag zu unterschreiben, können und wollen wir uns im Jahr 2023 einfach nicht mehr leisten. Das EU-Mercosur Abkommen ist ein Giftvertrag. Es ist Gift für die Natur, Gift für unser Essen, Gift fürs Klima. Hiervon profitieren lediglich klimaschädliche Industrien – aber sicher nicht die Menschen in Europa oder in Südamerika.‘
Lis Cunha arbeitet als Handelsexpertin bei Greenpeace Deutschland.