Klimaklub und Schwellenländer

Putins Krieg bindet Kapazitäten. Wie kann dennoch eine weltweite Klimakooperation gelingen? Der Gastbeitrag von Susanne Dröge und Jan Steckel.
Die Bundesregierung hatte sich vorgenommen, ihre G7-Präsidentschaft dafür zu nutzen, mit Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und den USA die G7 zum Kern eines ehrgeizigen internationalen „Klimaklubs“ zu machen. Auf dem G7-Gipfel Ende Juni sollten Maßnahmen und Instrumente verabredet werden. Doch nun bindet der Ukraine-Krieg die außenpolitischen Kapazitäten. Wie kann die Klimakooperation dennoch gelingen?
Ganz oben auf der Liste der Bundesregierung stehen die Zusammenarbeit bei der CO2-Bepreisung, etwa die Einigung auf einen Mindestpreis, sowie Finanzangebote für Investitionen in die klimafreundliche Energieerzeugung. Die Idee, einen G7-weiten CO2-Mindestpreis zu verabreden, der dann auch gegenüber Nicht-Klubmitgliedern zur Anwendung kommt, war schon vor dem Ukraine-Krieg ein ambitioniertes Vorhaben.
Die EU-Pläne, im Rahmen des Green Deals eine am CO2-Gehalt orientierte Importabgabe einzuführen, haben handelspolitische Wellen geschlagen. Zudem mangelt es in Tokio und in Washington am Interesse, einen CO2 Preis einzuführen. Nun lösen die stark steigenden Energiepreise sowie Sanktionen gegenüber Russland weltweit Sorgen über Inflation und Versorgungsengpässe aus, was das Interesse an diesem Politikinstrument in weiteren Staaten dämpfen wird.
Wir brauchen die Schwellenländer
Die Regierenden sollten sich daher auf Verabredungen konzentrieren, die für wichtige Schwellenländer attraktiv sein können. Ihr Anteil an den globalen Emissionen ist größer als der Anteil der G7 Staaten. China, Indien und Indonesien stoßen allein 39 Prozent der globalen CO2 Emissionen aus, die sieben führenden Industrienationen nur 23 Prozent. Die Pariser Klimaziele sind ohne die großen Schwellenländer also nicht zu erreichen.
Viele Schwellenländer haben Vorbehalte gegenüber einem CO2 Preis. Er steht bei ihnen im Verdacht, Fortschritte in der Armutsbekämpfung zu gefährden und die wirtschaftliche Entwicklung zu verlangsamen. China hat 2021 nach zehn Jahren Erprobung einen Emissionshandel eingeführt, auch in Indonesien gibt es Bewegung. Zwar könnte ein sozialer Ausgleich für die CO2-Preise durch Rückverteilung der Einnahmen die Vorbehalte entkräften. Aber diesen Staaten fehlen oft die institutionellen Voraussetzungen dafür.
Um dennoch den Weg für die Klimakooperation zu ebnen, könnten die G7-Staaten Einstiegsoptionen bei der CO2-Bepreisung untereinander und als Angebot an die Schwellenländer verabreden. Diese sollten inklusiv formuliert sein und weniger den „Klub“-Gedanken forcieren.
Dafür ist es notwendig, die institutionellen, politischen und wirtschaftlichen Kapazitäten der Schwellenländer richtig einzuschätzen. Denkbar sind die zügige Aussicht auf Kapital, Kredite und Bürgschaften zur Dekarbonisierung der Energieerzeugung und Industrieproduktion sowie der Ausbau bestehender Klimapartnerschaften. Daran könnte später ein CO2-Preis anknüpfen.
Dabei können die Initiativen einfließen, die bei der Klimakonferenz in Glasgow im November verabredet wurden: Aufforstung, die Reduktion von Methan und Programme zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Wegweisend ist das Programm für Südafrika, bei dem Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die EU und die USA rund 8,5 Milliarden Dollar bereitstellen, um am Kap die Abkehr von der Kohleverstromung einzuläuten.
Hier wird sich zeigen, ob die politökonomischen Realitäten adressiert werden können und so der Kohlelobby ein attraktiver Ausstiegsplan entgegengesetzt wird. Es gibt schon Interesse weiterer Länder an einem ähnlich gelagerten Abkommen.
Trotz der weltpolitischen Krise ist die G7-Präsidentschaft für die Bundesregierung eine Chance, internationale Klimapolitik zu gestalten. Gerade jetzt geht es darum, die klimapolitischen Gespräche fortzusetzen, um die starke Abhängigkeit vieler Staaten von fossilen Energieträgern zu reduzieren und ein Zeichen gegen jene Rhetorik zu setzen, die den globalen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen grundsätzlich infrage stellt.
Die Klimaklub-Idee sollte mit Blick auf einen ambitionierten Klimaschutz den Verhandlungsprozess der UN-Klimarahmenkonvention ergänzen. Der CO2-Preis kann ein wichtiges Element sein, aber nur wenn es gelingt, den G7-Ansatz zu öffnen und die Schwellenländer der G20 einzubeziehen.
Susanne Dröge ist Senior Fellow an der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.
Jan Steckel leitet die AG Klima und Entwicklung am Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change).