1. Startseite
  2. Meinung
  3. Gastbeiträge

Gezielt die Folgen der Klimakrise bekämpfen

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Lismore gehört zu den Gebieten, die von den Überschwemmungen in Australien verwüstet wurden. Vier Menschen starben, Hunderte wurden vertrieben und Tausende von Häusern und Geschäften zerstört.
Lismore gehört zu den Gebieten, die von den Überschwemmungen in Australien verwüstet wurden. Vier Menschen starben, Hunderte wurden vertrieben und Tausende von Häusern und Geschäften zerstört. © Jason O’brien/dpa

Die internationale Gemeinschaft muss den Fonds für Schäden durch extremes Wetter zügig einrichten. Der Gastbeitrag.

Der auf der letzten UN-Klimakonferenz beschlossene internationale Fonds für Verlust und Schäden der Klimakrise wird nun ausgestaltet. Entscheidend über den Erfolg wird die Beteiligung der am stärksten Betroffenen sein.

Millionen von Menschen auf der ganzen Welt leiden bereits unter den Auswirkungen der Klimakrise. Der am 20. März 2023 veröffentlichte IPCC-Bericht unterstreicht, dass die Welt vor einer Klimakatastrophe steht. Alleine in den vergangenen fünf Monaten, seit der letzten UN-Klimakonferenz (COP27), kam es zu zahlreichen von der Klimakrise verstärkten Wetterextremen.

Dazu zählen: Todesopfer der Überschwemmungen und Erdrutsche in Brasilien; Zyklon Freddy, der in Malawi und Mosambik Tausende von Häusern zerstörte und Hunderte von Menschen tötete; der tropische Wirbelsturm Cheneso, der Madagaskar verwüstete, über 30 Menschen tötete, Tausende von Menschen vertrieb und Hunderte von Häusern zerstörte und der tropische Wirbelsturm Judy, der Vanuatu traf. Die Gemeinden in Mosambik, Malawi, Brasilien, Madagaskar und Vanuatu mussten (in Europa kaum beachtetet) erleben, was in der Zukunft grausamer Alltag werden wird in einer Welt mit entfesselter Klimakatastrophe.

Der IPCC-Bericht macht aber auch deutlich, dass wir noch eine letzte Chance haben, diese Entwicklung zu stoppen, und dass wir bereits wissen, welche Lösungen es dafür gibt. Dies muss und in unserer Entschlossenheit bestärken, unsere Emissionen effektiv zu reduzieren sowie gleichzeitig eine solidarische und gerechte Antwort zu finden, wie wir gemeinsam mit den Auswirkungen der Klimakrise als Weltgemeinschaft umgehen. Es sind die jetzt schon existenziell betroffenen Gemeinden, die am wenigsten bis gar nicht zur Klimakrise beigetragen haben und gleichzeitig besonders auch aufgrund kolonialer Ausbeute der letzten Jahrhunderte über eine weniger starke (staatliche) Infrastruktur verfügen, um sich vor den Folgen zu schützen.

Eine wichtige und von den am stärksten betroffenen Regionen zentral eingeforderte Maßnahme ist die Bildung eines internationalen Fonds, der schnell Finanzen bereitstellt für Gemeinden die am stärksten Verluste und Schäden (Loss & Damage) durch die Klimakrise erleben. Dieser Fonds wurde auf der letzten UN-Klimakonferenz (COP 27) beschlossen und heute beginnt der nächste große Schritt: 24 Mitglieder des für die genauer Ausgestaltung des Fonds einberufenen Übergangsausschusses (Transitional Committee, TC) kommen in Ägypten zusammen.

Die Aufgabe des TC im Jahr 2023 besteht darin, Empfehlungen zur Ausgestaltung der institutionellen Regelungen des vereinbarten Fonds zu erarbeiten sowie Vorschläge für Finanzierungsregelungen und –quellen. Diese sollen nach Plan auf der COP 28 im November in Dubai verabschiedet werden. Für die bereits von der Klimakrise existenziell betroffenen Regionen ist es entscheidend, dass der Fonds so bald wie möglich seine Arbeit aufnimmt und dass er statt mit Darlehen mit Zuschüssen auf der Grundlage des Verursacherprinzips finanziert wird.

Ziel muss es sein, dass die Mittel schnell zu denjenigen gelangen, die sie vor Ort benötigen sowie die Bedürfnisse unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen beachtet werden. Gerechte Fonds werden nur solche die gendersensibel agieren und Minderheiten sowie indigene Bevölkerungsgruppen adressieren. Die Strukturen und Arbeitsweise innerhalb der UN-Klimakonferenzen stehen sich für eine gerechte Umsetzung des Loss & Damage Fonds aktuell aber noch selbst im Wege: Menschen (besonders Frauen) aus den am stärksten betroffenen Regionen und Gemeinschaften haben den geringsten Einfluss auf finale Entscheidungen.

Besonders auf der letzten Konferenz in Ägypten hatten Vertreter:innen der Zivilgesellschaft und betroffenen Gemeinschaften Schwierigkeiten anwesend zu sein – von enormen Hotelpreisen bis hin zu einem akuten Gefühl der Unsicherheit aufgrund der starken Präsenz ägyptischer Geheimpolizei.

Daher ist es entscheidend, dass in diesem Jahr ihre Stimmen bei den Verhandlungen über die Ausgestaltung des neuen Fonds gleichberechtigt mit am Entscheidungstisch sitzen – nicht nur weil sie am stärksten betroffen sind, sondern weil sie Wissen und Perspektiven mitbringen, die Menschen aus Industrienationen nicht haben.

Kathrin Henneberger ist Grünen-Bundestagsabgeordnete und Aktivistin für Klimagerechtigkeit.

Hyacinthe Niyitegeka ist Wasserwissenschaftlerin mit Erfahrung in der Klimapolitik. Sie koordiniert die Loss and Damage Collaboration, die sie mit gründete.

Auch interessant

Kommentare