Deal mit Tücken: DFL liebäugelt mit Investor-Einstieg

Die DFL will mit Hilfe eines Sponsors mehr Geld für die Fußball-Bundesliga bekommen. So einfach ist es nicht. Der Leitartikel.
Am heutigen Mittwoch könnten die 36 Klubs der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga eine wegweisende Zukunftsentscheidung treffen. Es wäre eine Jahrhundertsache, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit bräuchte. Wenn das bei der eigens einberufenen Mitgliederversammlung passieren sollte, würden die milliardenschweren Übertragungsrechte nicht mehr der Deutschen Fußball-Liga (DFL) alleine gehören, in der sich die Bundesligisten organisiert haben. Dann würde eine Investitionsgesellschaft zwei Milliarden Euro zahlen, um 20 Jahre lang 12,5 Prozent der wertvollsten DFL-Schätze zu pachten.
Klingt kompliziert, ist es auch. Derzeit überweisen Pay-TV-Anbieter Sky, Streamingdienst Dazn, Sport1, die ARD, das ZDF, Bild.de und noch ein paar ausländische Sender jedes Spieljahr 1,25 Milliarden Euro, um 616 Saisonspiele übertragen zu dürfen. Die Klubs verteilen das Geld unter sich. Die Bayern als Erster erhalten Jahr für Jahr fast 100 Millionen Euro aus dem Topf, das Dreifache des Letzten in der Bundesliga-TV-Tabelle, dem VfL Bochum, und zwölfmal so viel wie das Schlusslicht der zweiten Liga.
Insgesamt nehmen die 18 Erstligisten durch Fernsehen, Internet, Sponsoren und Eintritt rund vier Milliarden Euro pro Saison ein, viermal mehr als noch im Jahr 2000. Egal wie viel Geld reinkommt – im Rattenrennen um die besten Plätze reicht es nie. Es fehlt notorisch an Kapital – weil die teuersten Bundesligaprofis inzwischen mehr als 20 Millionen Euro im Jahr kassieren und ihre Einkünfte selbst in der Pandemie steigerten, als die Umsätze einbrachen und Demut propagiert, aber selten gelebt wurde. Auch Berateragenturen, Vorstände und Direktoren füllen sich üppig die Taschen. Einige Klubs, angeführt von Hertha BSC, drückt die Schuldenlast wie eine Bleiweste.
Ein Private-Equity-Partner mit massig frischer Kohle käme da gerade recht. Aber eine Heuschrecke will dabei gut verdienen, und das tut sie auch. Sie zahlt zwei Milliarden und bekäme vertragsgemäß nach 20 Jahren selbst dann mehr als drei Milliarden Euro zurück, wenn der Preis der Medienrechte bloß stabil bliebe.
Dann hätten die deutschen Profivereine ein dickes Minus gemacht. Tatsächlich glaubt die derzeit vom Frankfurter Eintracht-Vorstand Axel Hellmann und vom Dortmunder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke angeführte DFL aber nicht zu Unrecht, dass mit den Milliarden vom neuen Partner vor allem das seit Jahren darbende internationale Geschäft derart dynamisch angeschoben werden könnte, das alsbald eine Win-Win-Situation hergestellt wäre.
750 Millionen Euro vom frischen Kapital sollen in ein eigenes Bundesliga-Streamingportal gesteckt werden, damit Menschen in Asien, Afrika und Amerika gegen Gebühr ein maßgeschneidertes Fußballangebot made in Germany schauen können. Später könnte die Bundesliga dann auch hierzulande ohne Sky oder Dazn Profifußball direkt an die Kundschaft verkaufen. Wenn der Businessplan aufginge, kämen statt 1,25 Milliarden Euro Saison für Saison doppelt so viele Einnahmen aus Übertragungsrechten rein.
Aber es gibt einen Pferdefuß: Das gute Geld sollen die Vereine genauso unter sich verteilen, wie sie das derzeit tun: viel für die Bayern, ein bisschen für Bochum und noch viel weniger für die zweite Liga. Die Schere ginge also noch weiter auseinander.
Es regt sich massiv Widerstand. Fanorganisationen fürchten, dass die Spieltage auf Drängen des Investors weiter zersplittert würden oder sogar Spiele im Ausland stattfinden könnten, um so durch exklusive Übertragungen noch mehr aus dem Bundesligafußball rauszupressen. Die DFL wiegelt ab. Der neue Zahlmeister werde da nicht reinreden dürfen. Es gäbe „klare Stoppschilder“. Man kann das glauben oder nicht. Siehe oben, Thema Demut.
Die DFL zeichnet das Horrorszenario, dass die Bundesliga ohne frische Milliarden alsbald sogar mit Spanien oder Frankreich nicht mehr mithalten könnte. Die haben mithilfe des muskulösen Luxemburger Private-Equity-Partners CVC beim Geldeinsammeln nämlich schon vorgelegt.
Die Engländer sind ohnehin uneinholbar enteilt. Dort bekommt selbst der Tabellenletzte mehr aus der prall gefüllten Pay-TV-Schatulle als in der Bundesliga der Spitzenreiter. Die Premier League wird von Birmingham bis Bangkok als derart sexy empfunden, dass ihre Übertragungsrechte viermal so teuer verkauft wurden wie die der Bundesliga.
Deren Klubs haben ihre kleinere Kapitalisierung auch der deutschen 50+1-Regel zu verdanken, die sie vor 25 Jahren eingeführt haben. Sie wird vor allem von Fans und Traditionsklubs vehement verteidigt. Denn hierzulande sollen die Vereinsmitglieder das Sagen behalten. International tätige Kapitalgesellschaften oder steinreiche Staaten zieren sich deshalb, sich im deutschen Profifußball zu engagieren. Investoren aus Russland, Abu Dhabi, Katar oder gar Saudi-Arabien will hierzulande niemand. Geld kann ja auch stinken. Das vom potenziellen Investor müffelt nur ein bisschen.