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Banken in Not: Wohl kein Flächenbrand

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Von: Stefan Winter

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Bear Stearns war 2008 das erste große Opfer der US-Hypothekenkrise und Vorbote der weltweiten Finanzkrise.
Bear Stearns war 2008 das erste große Opfer der US-Hypothekenkrise und Vorbote der weltweiten Finanzkrise. © Imago (Archiv)

Die Existenzprobleme mehrerer Geldhäuser sorgen an den Märkten für Nervosität. Doch eine Finanzkrise 2.0 ist wohl nicht zu befürchten. Der Leitartikel.

Am 16. März 2008 hörten viele Menschen zum ersten Mal den Namen Bear Stearns. Übers Wochenende hatten die US-Notenbank Fed und der Konkurrent JPMorgan die schwer gestrauchelte Investmentbank aufgefangen. Bear Stearns war das erste große Opfer der US-Hypothekenkrise und Vorbote der weltweiten Finanzkrise – fünf Monate vor dem Lehman-Zusammenbruch. Genau 15 Jahre später hören viele Menschen zum ersten Mal den Namen Silicon Valley Bank. Die Fed hat die kalifornische Regionalbank geschlossen, sie gilt als erstes großes Opfer der Zinswende. Was mag also in fünf Monaten passieren?

Die Parallelen machen nervös, das Vertrauen in die Geldhäuser wackelt wieder, aus schlechter Erfahrung. Und wie immer trifft das zuerst die ohnehin Angeschlagenen. Die einst glanzvolle Großbank Credit Suisse kämpft seit Jahren mit großen Problemen und muss jetzt von der Schweizerischen Nationalbank gestützt werden.

Man mag die beiden Krisenkandidaten zu Sonderfällen erklären. Die Kalifornier hatten mit ihrer Konzentration auf die Start-up-Finanzierung ein sehr spezielles Geschäftsmodell und die Probleme der Schweizer sind im wesentlichen hausgemacht. Derweil geht es gerade vielen deutschen Instituten so gut wie lange nicht.

Dennoch steht das Finanzsystem vor einem Härtetest. Die nächsten Monate werden zeigen, ob aus 2008 die richtigen Lehren gezogen und konsequent umgesetzt wurden. Denn auch das lehrt die Erfahrung: Jede Krise ist eine Ansammlung von Einzelfällen. Jeder Dominostein sieht anders aus – das hindert sie nicht einander umzureißen. Unsicherheit und Vertrauensverlust sind wieder zum gemeinsamen Nenner der Bankenwelt geworden – fast über Nacht und doch nicht überraschend.

Dass der Abschied der Notenbanken von der Nullzinspolitik ein heikler Moment sein würde, war immer klar. Grundsätzlich können Banken mit höheren Zinsen mehr Geld verdienen, aber gleichzeitig verlieren Anleihen in ihren Büchern an Wert. Geschieht das schnell und braucht das Institut überraschend Geld – dann kann es eng werden. Dieses Risiko zu managen, ist kein Hexenwerk. Aber die Silicon Valley Bank ist daran gescheitert, und andere könnten folgen.

Werden die einzelnen Feuer nun also schwelen, um in fünf Monaten als Finanzkrise 2.0 zum Flächenbrand zu werden? Schwelen wahrscheinlich, Flächenbrand eher nicht. Denn auch wenn gerade der Fall in den USA von Lücken in der Regulierung zeugt, stehen die Banken heute robuster da als damals. Sie sind besser mit Kapital und Liquidität ausgestattet, manches Geschäft von damals spielt heute keine Rolle mehr, die Aufsichten sind wacher und die Hilfsinstrumente entwickelt. Aber in den nächsten Monaten werden all diese Maßnahmen einen harten Praxistest bestehen müssen.

Die Notenbanken kommen durch die Unruhe im Finanzsektor noch tiefer in die Bredouille. In der stecken sie ohnehin mit der Abwägung, wie sehr die Konjunktur gebremst werden muss, um die Inflation zu drücken. Jetzt riskieren sie mit fortgesetzten Zinserhöhungen nicht nur die Rezession, sondern möglicherweise auch wankende Banken.

Die EZB hat sich davon erst einmal nicht beeindrucken lassen und die Leitzinsen wie erwartet um einen halben Prozentpunkt erhöht. Das ist gut so, denn noch lässt ihr die Inflation gar keine andere Wahl. Außerdem hätte sie mit jedem Zaudern den Eindruck von Krise noch verstärkt und die Unruhe noch vergrößert. Umso wichtiger ist es, dass sich der Finanzsektor aus eigener Kraft stabilisiert

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